Kommentar: Warum Fodas Spielweise dem Nationalteam nicht steht
Österreichs Nationalteam musste sich gestern sehr deutlich mit 0:4 gegen Dänemark geschlagen geben. Dabei reichten den Skandinaviern 16 Minuten, um der Auswahl von Teamchef Franco Foda den K.O.-Schlag zu verpassen. Ob der aktuellen Spielweise kommt die deutliche Niederlage allerdings nicht gerade überraschend.
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Herbert Prohaska hat es nach dem Spiel im ORF-Studio treffend analysiert: „Wer das erste Tor schießt, der hat natürlich einen großen Vorteil.“ Das hätte auch das Ziel der Österreicher sein müssen: am besten gleich in der Anfangsphase in Führung gehen, um die ausgeruhten Dänen früh unter Druck zu setzen. Stattdessen besann man sich, wie so oft, auf defensive Grundtugenden. Selbst Dänemarks Teamchef Kasper Hjulmand sagte nach dem Spiel: „Ich habe eigentlich ein bisschen mehr Druck erwartet.“
Und das ist aktuell einer der, wenn nicht sogar der größte Schwachpunkte im österreichischen Nationalteam: die defensive, abwartende, vorsichtige und vor allem reaktive Grundausrichtung. Eine Szene, die diesen unmodernen Spielansatz perfekt auf den Punkt bringt, bekam man im Spiel gegen die Färöer-Inseln zu sehen. Beim Stand von 3:1 attackierte Salzburg-Außenverteidiger [spielerprofil spieler=“Andreas Ulmer“] auf Höhe des gegnerischen Sechzehners einen Färinger. Foda rief, aus Sorge gegen den 107. der Weltrangliste in einen Konter zu laufen, vorwurfsvoll hinein: „Warum Andi, warum?“
Dabei ist Ulmer nicht der einzige Spieler im Team, der das vielzitierte „Red-Bull-Gen“ in sich trägt. Mit [spielerprofil spieler=“Stefan Ilsanker“], [spielerprofil spieler=“Marcel Sabitzer“], [spielerprofil spieler=“Stefan Lainer“] und [spielerprofil spieler=“Xaver Schlager“] standen gestern mehrere Spieler am Feld, die mit den Begriffen „situatives Pressing“, „Gegenpressing“ und „hohe Balleroberungen“ vertraut sind. Und auch beim LASK sowie in Hoffenheim, München oder Leverkusen wird offensiver Fußball gespielt.
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Im Nationalteam sind Fodas Mannen zum Umdenken gezwungen. Gladbach-Verteidiger Lainer hielt vor zwei Jahren, damals noch im Trikot der Salzburger, fest: „Ich kann in der Nationalmannschaft nicht spielen wie im Verein, damit würde der Trainer wohl nicht einverstanden sein, weil hier ein anderer Fußball gespielt wird. In Salzburg spielen wir Pressing, im Team muss man sich in der einen oder anderen Situation zurücknehmen und den Laden dicht halten.“ Dass das nicht gutgehen kann, hat unter anderem Schottland aufgezeigt. Anstatt nach den beiden Führungstreffern von [spielerprofil spieler=“Sasa Kalajdzic“] weiter mutig nach vorne zu spielen, um die Führung auszubauen, versuchte man das Ergebnis über die Zeit zu bringen. Der Ausgang ist bekannt.
Ralf Rangnick, fast schon Aushängeschild des „Red-Bull-Fußballs“, sagte einmal: „In den acht bis zehn Sekunden nach dem Ballgewinn oder -verlust passiert so viel. Diese Momente entscheiden Spiele.“ Dass Österreich durchaus in der Lage ist, ein schnelles Umschaltspiel nach Ballgewinn aufzuziehen, zeigte sich gestern in der 22. Spielminute. Nach einem gewonnen Zweikampf von Lainer an der eigenen Eckfahne kam der Ball über Sabitzer zu Schlager. Statt das Spiel mit einem Rückpass zu verschleppen, setzte er zu einem Sprint an, mit dem er sich gegen zwei Dänen durchsetzte und eine gute Angriffssituation einleitete. Leider traf [spielerprofil spieler=“David Alaba“], als ihn der Ball erreichte, eine falsche Entscheidung. In dieser Situation sah man jedoch, dass auch ein defensiv sehr robustes Team wie die Dänen mit einem schnellen und präzisen Umschaltspiel durchaus verwundbar ist.
Im ORF-Interview nach der Partie sagte Foda: „In den 15 Minuten vor der Halbzeit waren wir besser im Spiel und konnten uns kleinere Tormöglichkeiten erarbeiten. Wir wollten nach der Halbzeit dann eigentlich so weiterspielen.“ Dabei lag beim Teamchef der Fokus wieder auf der Defensive, denn in den ersten 45 Minuten gab man keinen einzigen Torschuss ab. Im zweiten Abschnitt der Partie offenbarten die Dänen die Schwächen des Nationalteams dann gnadenlos: ein kollektives Pressing war nicht vorhanden, der Gegner wurde zu spät unter Druck gesetzt, die Abstände und Abstimmung zwischen den Spielern stimmten nicht. Dazu kamen individuelle Fehler, von denen allerdings keine Mannschaft der Welt verschont bleibt.
Natürlich zählen am Ende nur die Ergebnisse – und die sprechen für Foda. In 33 Spielen holte der Deutsche 21 Siege und vier Unentschieden. Wobei man nicht unerwähnt lassen darf, dass man gegen Gegner, die zumindest auf Augenhöhe sind, Niederlagen kassierte. So musste man sich beispielsweise gegen Bosnien (0:1), Polen (0:1) oder Israel (2:4) geschlagen geben. Wirft man einen „Blick zweiter Ordnung“ auf die Nationalmannschaft muss man wohl oder übel festhalten, dass in den letzten Jahren keine sicht- und spürbare Weiterentwicklung stattgefunden hat. Das Nationalteam ist zwar mit absoluten Top-Spielern gespickt, im Kollektiv scheinen sie allerdings nicht so gut zu funktionieren, wie sie das bei ihren Klubs tun. Dass das an der Spielweise von Teamchef Foda liegt, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.