Teamanalyse: Schottland bei der UEFA EURO 2024
Die Schotten haben in Gruppe A eher eine Außenseiterrolle inne. Und das nicht nur, weil das Turnier für die schottische Elf mit dem ausgesprochen schwierigen Eröffnungsspiel in der Münchner Allianz Arena beginnt. Die „Tartan Army“ kann nur überraschen, wird sich aber in Gruppe A – und gegebenenfalls darüber hinaus – teuerstmöglich verkaufen.
Schottland ist die Mannschaft mit der niedrigsten Platzierung in der FIFA-Weltrangliste (39.) in Gruppe A. Seit September 2023 befindet sich die „Tartan Army“ in einem Formtief, in welchem man in zehn Spielen lediglich Zypern und Gibraltar besiegen konnte. Zudem war man mehrmals bei Welt- und Europameisterschaften dabei, schied jedoch immer in der Gruppenphase aus. Das Team um Liverpool-Star Andy Robertson will das nun ändern.
Torhüter
Im schottischen Tor vollzieht sich ein kleiner Generationenwechsel. Für die EM nominierte Steve Clark vier Torhüter. Der erfahrenste ist der mittlerweile 41-jährige Craig Gordon, der sein Debüt bereits 2004 machte und mit 74 Einsätzen auf Platz sechs der Rekordspieler Schottlands steht. Neben ihm fahren auch Angus Gunn, Zander Clark und Liam Kelly mit nach Deutschland, wobei alle drei erst 2023 ihre ersten Länderspielerfahrungen sammelten – die letzten beiden wurden davor jedoch schon mal nominiert.
Außer Angus Gunn (Norwich) spielen alle Torhüter in der heimischen Liga, Clark und Gordon sind sogar Teamkollegen. Die Stärken der Schotten liegen definitiv in anderen Teambereichen.
Verteidigung
Angeführt wird die Mannschaft von Liverpool-Verteidiger Andy Robertson, dem Star und Linksverteidiger des Teams. Weiters ist erkennbar, dass man auf Erfahrung setzt: Kein Abwehrspieler ist jünger als 25 Jahre. Dadurch sind aber auch viele Kicker bei ihren jeweiligen Vereinen gesetzt, beispielsweise Jack Hendry (Al-Ettifaq), Ryan Porteous (Watford) oder Greg Taylor (Celtic Glasgow).
Demgegenüber verhoffen sich andere durch das Nationalteam einen Push auf Vereinsebene: Allen voran Kieran Tierney (Real Sociedad) oder Scott McKenna (Leihe beim FC Kopenhagen). Insgesamt setzt sich die Defensive aus Stammspielern aus der schottischen Liga und einigen Legionären zusammen, wobei erstere tendenziell mehr im Spielrhythmus sind, man aber auch mit der Achse Robertson-Tierney auf Qualität setzen kann.
Mittelfeld
Das Mittelfeld ist eindeutig die Stärke der Schotten. Steve Clarke kann dabei auf Akteure von namhaften englischen Klubs zählen, die in der vergangenen Saison auch für ordentlich Furore sorgten.
Während allen voran John McGinn (Aston Villa), Scott McTominay (Manchester United), Billy Gilmour (Brighton) und Ryan Christie (Bournemouth) Erfahrung in der Premier League sammeln, sind Ross McCrorie (Bristol City), Stuart Armstrong (Southampton) und Kenny McLean (Norwich) in der englischen Championship aktiv, wobei Armstrong mit den „Saints“ gerade erst aufstieg und somit mit einem nicht zu verachtenden Momentum nach Deutschland reist.
Aus der heimischen Liga ergänzen Callum McGregor (Celtic-Kapitän) und Ryan Jack (Rangers) die Tartan Army. Somit ist das Mittelfeld der wichtigste und spielerisch beste Mannschaftsabschnitt der Schotten
Angriff
Die schottische Offensive ist mit nur vier Stürmeroptionen relativ dünn besetzt. Die Tore fallen ihnen im dunkelblauen Nationaltrikot dabei nicht vor die Füße: Ché Adams (Southampton) ist der gefährlichste Angreifer mit lediglich sechs Länderspieltoren. Mit an Bord ist auch Lawrence Shankland (Hearts), der auf in der abgelaufenen Saison 31-mal auf Vereinsebene einnetzte, auf Landesebene aber nur zweimal.
Mit James Forrest (Celtic) nimmt man einen erfahrenen Flügelspieler mit, der mit 32 Jahren aber auch nur fünf Tore für Schottland vorzuweisen hat. Mehr erhofft man sich indes vom erst 18-jährigen Ben Doak (Liverpool), der bei der EM das erste Mal für die A-Nationalmannschaft auflaufen könnte und in Zukunft für mehr Torerfolge sorgen soll.
Doak ist in der schottischen Mannschaft wohl auch einer der „Men to watch“, auch weil er durch den relativ geringen Konkurrenzkampf durchaus zu Einsätzen kommen könnte.
Trainer
In den 2020er-Jahren ist der stetige Aufstieg der schottischen Nationalmannschaft untrennbar mit Steve Clarke verbunden. Der 60-Jährige qualifizierte sich mit seinem Heimatland bereits für die Europameisterschaft 2021 und führte es auch in der UEFA Nations League in die höchste Liga.
Im Rahmen der Qualifikation für den anstehenden Wettbewerb legte Schottland einen sensationellen Lauf hin, in welchem man sogar Spanien besiegte und als Zweiter die Qualifikation schaffte. Nichtsdestotrotz ist seitdem ein Negativlauf zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt im Gange, der sich auch auf die Europameisterschaft übertragen und den Hoffnungen auf die K.O.-Phase in die Quere kommen könnte.
Gesamtbewertung
Mit der Verletzung von Lyndon Dykes (QPR) verlor Schottland einen wichtigen Stürmer und mit Bolognas Lewis Ferguson wohl einer der wichtigsten Spieler seiner Mannschaft, wodurch Clarke zu einigen Umplanungen im Kader gezwungen ist.
Zudem verfügt er zwar über einen soliden Kader, der vor allem im Mittelfeld sehr stark ist, so unter anderem mit dem talentierten Billy Gilmour, den man auf dem Zettel haben sollte. Doch vor allem an beiden Enden des Spielfeldes, also im Tor und im Angriff, sinkt die Qualität deutlich und mit mehr als dem Achtelfinale ist wohl nicht zu rechnen. Selbst die Gruppenphase wird für die Schotten bereits alles andere als ein Selbstläufer.
Schottland in Gruppe A
Freitag, 14.6., 21:00 Uhr | Deutschland – Schottland (München)
Mittwoch, 19.6., 21:00 Uhr | Schottland – Schweiz (Köln)
Sonntag, 23.6., 21:00 Uhr | Schottland – Ungarn (Stuttgart)