Manuela Zinsberger: Interview mit der ÖFB-Teamtorhüterin und FC Bayern-Legionärin
2017 ist das Jahr, in dem Österreich erstmals bei einer UEFA Women’s EURO teilnimmt. [spielerprofil spieler=“Manuela Zinsberger“] ist die Torhüterin des so erfolgreichen ÖFB Frauen-Nationalteams, das im September vergangen Jahres Fußballgeschichte geschrieben hat uns sich erstmals für eine Fußball-Europameisterschaft qualifiziert hat.
Wir haben uns mit „Zinsi“ getroffen und mit ihr über die erfolgreiche EM-Qualifikation, die Erwartungen für die Europameisterschaft in Holland, ihren Arbeitgeber FC Bayern München und über den Stellenwert von Frauenfußball in Österreichs Medienlandschaft unterhalten. Das Gespräch führte Alexander Doubek.
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12teFrau: Danke, dass du dir für das Interview mit 12teFrau Zeit genommen hast! Zunächst einmal: wie geht es deiner Schulter, die du dir im Freundschaftsspiel gegen Deutschland verletzt hast?
Zinsberger: Der Schulter geht es mittlerweile wieder sehr gut! Ich hatte beim Freundschaftsspiel gegen Deutschland einen Zweikampf, bei dem ich mir einen Teilriss der oberen Bänder in der Schulter zugezogen habe, dazu kam eine Einblutung und eine Schleimbeutelentzündung. Reha und Heilungsprozess sind optimal verlaufen. Ich bin wieder zu 100 Prozent da, stand auch schon für Bayern im Test gegen Arsenal wieder über 90 Minuten im Tor.
Apropos FC Bayern: deine Karriere ist ja bis jetzt im Turbomodus abgelaufen, mit 15 Jahren Bundesliga-Debüt beim SV Neulengbach, mit 17 Nationalteam-Debüt und mit 18 vom FC Bayern München verpflichtet. Wie genau kam dieser Transfer eigentlich zustande?
Wir hatten mit Neulengbach ein Freundschaftsspiel gegen den FC Bayern München. Zu der Zeit haben bereits Viki Schnaderbeck, Laura Feiersinger und Carina Wenninger bei den Bayern gespielt, da hat sich der Trainer sicher auch schon mit ihnen über mich unterhalten. Er hat mich dann noch speziell bei dem Spiel beobachtet und dann ging es eigentlich ganz schnell.
Welchen Stellenwert hat der Frauenfußball deiner Beobachtung nach beim FC Bayern?
Wir haben uns kontinuierlich einen immer höheren Stellenwert erarbeitet. Sicherlich haben die beiden Meistertitel auch großen Anteil daran. Dennoch wäre es verkehrt, uns mit dem Männerteam zu vergleichen, weil die Popularität der Männer eine ganz andere ist. Aber es wird von Jahr zu Jahr besser – wir haben mittlerweile beispielsweise eine eigene Medien-/Presseabteilung und bei fast allen Spielen ein Kamerateam dabei. Dennoch ist in vielen Bereichen immer noch Luft nach oben.
Beim FC Bayern gibt es durchaus eine Ösi-Connection.
Beim FC Bayern spielst du ja mit deinen Nationalmannschafts-Kolleginnen Viktoria Schnaderbeck und Carina Wenninger zusammen. Entwickelt sich dadurch automatisch eine „Ösi-Clique“, die auch privat miteinander Zeit verbringt?
Ja, wir haben durchaus eine Ösi-Connection beim FC Bayern! Viki, Carina und ich verstehen uns richtig gut und unternehmen auch sehr viel gemeinsam. Dadurch verstehen wir uns auch auf dem Platz sehr gut, was auch wichtig ist, weil die beiden unmittelbar vor mir spielen. Die beiden haben mich auch vom ersten Tag beim FC Bayern voll unterstützt und mir die Eingewöhnung sehr leicht gemacht – dadurch ist natürlich auch die Freundschaft von Tag zu Tag gewachsen.
In der Deutschen Frauen-Bundesliga spielen ja noch zahlreiche andere Österreicherinnen, die du auch vom Nationalteam her kennst. Hat man da während der Saison – abgesehen von den Spielen gegeneinander – auch privat Kontakt oder erst wieder, wenn man sich beim Nationalteam trifft?
Das ist unterschiedlich, mit manchen hat man zwischendurch mehr Kontakt, mit manchen weniger. Aber bei jeder Nationalteam-Zusammenkunft ist die Freude immer riesengroß, die anderen Mädels wieder zu sehen und da kommt auch nie der Spaß zu kurz!
Nach der EM-Quali sind plötzlich die Medien auf den Zug aufgesprungen.
In Österreich war der Frauenfußball ja bis knapp vor der erfolgreichen EM-Qualifikation ja bestenfalls eine Randnotiz. Ab wann hast du bemerkt, dass Ihr langsam in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit rückt? Gibt es jetzt viele Schulterklopfer?
Die geschaffte EM-Quali hat bereits jetzt etwas in der öffentlichen Wahrnehmung bewegt, das stimmt schon. Natürlich spielen die Medien auch für uns und den gesamten Frauenfußball in Österreich eine wichtige Rolle, aber dennoch konzentrieren uns in erster Linie auf unsere eigene sportliche Entwicklung. Und wir haben in den vergangenen Jahren auch dank unseres großartigen Betreuerteams schon gewaltige Fortschritte gemacht. Das belegen unser Sieg beim „Cyprus Cup“ und auch die geschaffte EM-Quali. Schulterklopfer nehme ich nicht wahr, sondern eher eine größer werdende Zahl an Unterstützern und Freunden des Frauenfußballs.
Was fehlt deiner Meinung nach noch, damit der Frauenfußball in Österreich noch populärer wird?
Wir müssen noch erfolgreicher werden, dadurch quasi öffentliche Aufmerksamkeit erzwingen. Es liegt immer zuerst an uns. Mit dieser Einstellung haben wir den Frauenfußball auch beim FC Bayern nach vorne gebracht. Wir freuen uns natürlich aber auch, wenn Medien aktiv berichten und uns echtes Interesse entgegen bringen – so wie ihr zum Beispiel mit der Facebook-Seite „12teFrau“. Das finden wir allesamt richtig gut und wichtig.
Was entgegnest du jemandem, der behauptet, dass Frauenfußball nichts mit Fußball zu tun hat?
In Österreich herrscht freie Meinungsäußerung, solche Aussagen akzeptiere ich deshalb – auch wenn ich ganz anderer Meinung bin, da sich der Frauenfußball in den letzten Jahren massiv weiterentwickelt hat. Wir wollen auch die Leute nicht bekehren, sondern begeistern.
Ein Länderspiel im ausverkauften Happel-Stadion fände ich…
Überragend! Wobei ich im ersten Schritt schon glücklich wäre, in einem vollen Stadion in St. Pölten zu spielen. Es war ja schon ein ganz spezielles Gefühl, beim Länderspiel gegen Deutschland vor knapp 10.000 Zuschauern zu spielen. Da wärmt man sich unterbewusst gleich noch motivierter auf und spielt auch nochmal anders.
Wir haben definitiv österreichische Fußballgeschichte geschrieben.
Die Nacht von 20. auf 21. September 2016 (Fixierung der Qualifikation auswärts in Wales) war…
Unglaublich. Wir haben zwar schon vorher gewusst, dass uns ein Unentschieden zur Qualifikation reicht, aber die Mädels aus Wales haben es uns alles andere als leicht gemacht, sehr körperbetont gespielt und die Platzverhältnisse sind uns auch nicht gerade entgegengekommen. Und so ab der 80. Minute, als Wales immer mehr auf die Führung gedrückt hat, hofft man nur noch auf den Schlusspfiff. Und als der endlich kam, wusste ich im ersten Moment gar nicht, wie ich mich freuen soll. Wir haben uns alle kurz angesehen, sind dann aufeinander zugelaufen und haben uns umarmt. Aber richtig realisiert haben wir es eigentlich erst am nächsten Tag, nachdem wir gebührend gefeiert haben. Aber das haben wir uns auch verdient, nachdem wir österreichische Fußballgeschichte geschrieben haben.
Was erwartest du dir von der EM in Holland und was muß passieren, dass die EM für dich persönlich ein Erfolg war?
Wir wollen auf alle Fälle keine Underdog-Rolle spielen und uns nur mit der Teilnahme begnügen. Auch wenn wir mit Frankreich, der Schweiz und Island eine schwere Gruppe erwischt haben, wollen wir mit Selbstvertrauen auftreten. Wir haben uns das hart erarbeitet und wissen, dass wir nicht ohne Grund bei der EM sind. Wir haben bei jedem Spiel eine Chance und die werden wir auch zu nutzen versuchen – dann kann sicher einiges passieren.
Habt ihr durch das enttäuschende Abschneiden der Männer bei der EM in Frankreich ein paar Lehren ziehen können, was ihr bei der EM vielleicht besser machen könnt? Was kann jeder einzelne von euch tun, damit nicht nach dem erfolgreichsten Jahr ein Seuchenjahr folgt?
Wir vergleichen das gar nicht so – das waren die Männer und nicht wir. Wir fahren mit einem guten Gefühl nach Holland. Wichtig ist jedenfalls, dass jeder am Platz Verantwortung übernimmt, vor allem wenn es in einem Spiel einmal nicht nach Wunsch läuft. Das Kollektiv ist das Um und Auf, das ist definitiv eine unserer größten Stärken.
Würdest du die Aussage „11 Freundinnen müsst ihr sein“, unterstreichen oder ist das deiner Meinung nach nicht unbedingt notwendig für den Erfolg?
Vielleicht nicht unbedingt Freundinnen, aber das Kollektiv am Platz muss passen. Jede muss sich dem Team unterordnen und darf keine eigenen Interessen verfolgen. Wir wollen bei der EM wirklich etwas erreichen und das geht nur gemeinsam.
Das Ziel ist, sich von Jahr zu Jahr stetig weiterzuentwickeln.
Was sind deine weiteren Karriereziele, sowohl im Vereinsfußball als auch beim Nationalteam. Das Ende der Fahnenstange ist ja offensichtlich noch lange nicht erreicht.
Das stimmt, beim FC Bayern wollen wir in der Champions League so weit wie möglich kommen, mit Paris St. Germain haben wir da schon eine ziemliche Hürde auf dem Weg. Auch im DFB-Pokal peilen wir das Finale an. Für mich persönlich ist natürlich das klare Ziel, beim FC Bayern die Stammtorhüterin zu werden. Im Nationalteam ist die oberste Prioriät, dass wir uns von Jahr zu Jahr stetig weiterentwickeln.
Mit 12terMann/12teFrau verbinde ich…
Wir sehen euch eigentlich als Teil unseres Teams, weil wir euch auch verdanken, dass ihr den Frauenfußball in Österreich populärer macht und eine breitere Öffentlichkeit regelmäßig über die Leistungen und Hintergründe der Teamspielerinnen informiert. Ihr leistet da wirklich eine Top-Arbeit und unterstützt uns da extrem. Das wissen wir wirklich zu schätzen und das ganze Team ist da auch sehr dankbar dafür. Auf jeden Fall eine Top-Unterstützung auf dem Weg zur Europameisterschaft.
Herzlichen Dank für das sympathische Interview!
Manuela Zinsberger -> Spielerprofil
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