Virologe Dr. Norbert Nowotny: Wie geht es mit dem Fußball in Österreich weiter?
Dank der stabilen Coronavirus-Situation gibt es in Österreich zahlreiche Lockerungen. Wie es mit der heimischen Fußball-Bundesliga weitergeht ist jedoch noch unklar. Doch wie schauen die Prognosen für den Herbst aus? Wann ist wieder ein Fußballspiel mit Zuschauern denkbar? Wie geht es mit dem Amateur- und Hobbyfußball weiter? Wir haben uns mit dem Virologen Univ. Prof. Dr. Norbert Nowotny von der Vetmeduni Wien unterhalten.
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12terMann.at: In Österreich geht die Diskussion um die Geisterspiele weiter. Derzeit gestaltet sich die Situation schwierig – immerhin sollen, wenn ein Spieler mit Corona infiziert ist, alle aus dem Umfeld in Quarantäne – also eigentlich die gesamte Mannschaft. So kann man Geisterspiele also nicht austragen, weil es im Falle des ersten Coronafalls in der Liga sowieso eine Unterbrechung gibt. Ist diese Regelung überhaupt sinnvoll?
Prof. Dr. Norbert Nowotny: Im Prinzip ist diese Regelung sinnvoll. Ich sehe die Sache aber pragmatisch: Wir beobachten in Österreich eine seit über drei Wochen sinkende Zahl an Neuinfektionen. Auch die neueste Dunkelzifferstudie ergab nur die Hälfte Infizierter im Vergleich zur letzten Dunkelzifferstudie. Dies bedeutet, dass nur mehr relativ wenig SARS-CoV-2 in der österreichischen Bevölkerung zirkuliert, was wiederum zur Folge hat, dass die Chance, dass ein Fußballspieler oder jemand vom Betreuerstab positiv getestet wird, immer mehr sinkt. Ich würde es daher riskieren, die Liga wie geplant weiterzuführen.
Gibt es überhaupt eine Alternative – z.B., dass wirklich nur der betroffene Spieler in Quarantäne muss und die Teamkollegen als Kontaktperson eines Coronainfizierten trotzdem normal weiter trainieren und spielen? Oder wie soll man mit einem Coronavirus-Fall in einer Mannschaft umgehen?
Nach den derzeitig geltenden Bestimmungen gibt es keine Alternative. Kontaktpersonen eines positiv Getesteten müssen 14 Tage in Heimquarantäne.
Sehen Sie Geisterspiele mit vielen Extra-Auflagen überhaupt als richtige Lösung im Fußball? (Aus medizinischer Sicht) Oder wäre es besser, einfach alle Ligen abzubrechen, wie es etwa in Frankreich und den Niederlanden der Fall war?
Ich halte Geisterspiele mit Auflagen durchaus für sinnvoll. Und ich weiß, dass die Spieler dies auch wollen und auch die Zuseher an den Fernsehgeräten. Und die TV-Einnahmen sind für die Klubs auch besser als gar keine Einnahmen.
Wann sind, denken Sie, Spiele mit Zuschauern – etwa wie bei Rapid mit durchschnittlich 20.000 Besuchern – wieder möglich?
Bei der derzeit niedrigen Viruszirkulation in der österreichischen Bevölkerung und der Annahme, dass das Virus im Sommer weiter „schwächeln“ wird, könnte ich mir ein normales Fußballspieler mit Zuschauern in Österreich wieder im (Spät-)Herbst vorstellen. Internationale Spiele mit Zuschauern wird es wohl noch länger nicht geben (da in vielen anderen Ländern noch weit mehr Virus zirkuliert).
Hängt das wirklich nur von einer Impfung ab oder gibt es Optionen, die trotz des Coronavirus Spiele mit Zuschauern möglich machen? (Maskenpflicht, Sicherheits-Abstand, Zahl der Infizierten gering etc.)
Maskenpflicht und Sicherheitsabstand wären Maßnahmen, um im (Spät-)Herbst Spiele mit begrenzter Zuschauerzahl in Österreich zu ermöglichen. Eine spezifische Impfung gegen Covid-19 ist aber das Ultimative-Goal, um wieder ein komplett normales (Fußball-)Leben führen zu können.
Wie problematisch wäre hier die Anreise der Fans zur gleichen Zeit?
Maskenpflicht und Sicherheitsabstand müssten vorerst auch bei An- und Abreise sowie bei den Ein-und Ausgängen verpflichtend sein.
(Interview wird unterhalb fortgesetzt – Themen: Amateurfußball, Hobby-Fußball, Impfstoff)
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Von vielen Amateurvereinen heißt es, dass Geisterspiele im Amateurfußball mehr schaden als helfen – weil im Gegensatz zur Bundesliga die kleinen Vereine auf die Kantinen- und Ticketeinnahmen sehr angewiesen sind. Wird es hier möglich sein, schon nach dem Sommer wieder Fußball zu spielen – vor zumindest mehreren hundert Zuschauern?
Wie schon erwähnt wäre dies – wenn sich die positive Entwicklung weiter fortsetzt – unter den genannten Auflagen im Herbst möglich.
Hart formuliert die Frage, vor allem wenn wir die unterschiedliche Entwicklung des Virus in Europa sehen: Müssen wir uns von dem Gedanken, dass im Herbst wieder normaler Fußballbetrieb herrscht verabschieden?
In Österreich nicht.
Uns haben auch schon Leser gefragt, die gerne mit ihren Freunden Fußball spielen – also ganz einfach hobbymäßig einmal die Woche. Wann wird das wieder möglich sein?
Ich denke, dass dies sehr bald (Juni?) wieder möglich sein wird.
Gäbe es hier Auflagen, die so ein Hobby-Fußballspiel unter Freunden wieder möglich machen?
Ich könnte mir eine zahlenmäßige Begrenzung der teilnehmenden Personen als eine Auflage vorstellen.
Wie groß ist überhaupt die Gefahr, dass man sich bei einem Outdoor-Fußballspiel untereinander ansteckt?
Durch die deutlich höhere Atemfrequenz beim Sport besteht sehr wohl eine Ansteckungsmöglichkeit; sie wird allerdings immer niedriger, je weniger Virus generell in der österreichischen Bevölkerung zirkuliert.
Generell die Frage, die auch jeden Sportler interessiert, weil das eben in jedem Bereich wohl Entlastung bringt: Wann denken Sie, könnten ein Medikament und eine Impfung auf dem Markt sein?
Ein spezifisches Medikament gegen Covid-19 könnte innerhalb der nächsten Wochen/wenigen Monate zur Verfügung stehen, Impfstoffe erwarte ich im Laufe der ersten Hälfte des nächsten Jahres.
Und wäre das im Fußball mit 20.000 Zuschauern im Stadion (oder in Deutschland mit bis zu 70/80.000 Besuchern) auch die endgültige Lösung für das Problem?
Gute Impfstoffe und die Bereitschaft der österreichischen Bevölkerung sich auch impfen zu lassen wären die endgültige Lösung des Problems.