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GASTKOMMENTAR: Warum das Rapid-Spruchband noch nicht gegessen ist

Dass Geisterspiele für Fußballfans ein schwieriges Thema sind, hat sich inzwischen auch schon außerhalb der aktiven Fanszenen herumgesprochen. Dass Bekundungen zu diesem Thema daher zu Diskussionen anregen, mag in dieser Hinsicht nicht überraschend sein. Dass ein Spruchband aus dem Umfeld des SK Rapid zu diesem Thema aber ein landesweites Medienecho hervorruft, hat einen ganz anderen Grund. „A Stadion mit leeren Plätzen is wie a schiache Oide wetzen“, so der Wortlaut. Viele (auch aus dem Umfeld von Rapid) finden das komplett daneben. Andere finden das nicht so schlimm, ein bisschen Spaß muss ja erlaubt sein. Das Spruchband hätte so oder so ähnlich in fast jedem Stadion in Österreich hängen können. Und genau das ist das Problem.

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Fußball lebt (nicht nur, aber doch) zu großen Teilen von der Fankultur. Das zeigt sich schon allein daran, dass sich die Spielweise während der sogenannten Geisterspiele spürbar verändert hat, es wird viel mehr gepasst, spektakuläre Einzelaktionen bleiben eher aus. Ist das unbedingt schlecht? Vielleicht nicht. Aber es zeigt, dass sich leere Stadien auf sehr viel mehr auswirken als nur die Akustik auf dem Spielfeld.

Die Entscheidung von Bundesliga und ÖFB Geisterspiele durchzuführen, kann in vielerlei Hinsicht kritisiert werden. Anstatt die Kritik aber dort anzubringen, wo sie eigentlich hingehört, demontieren sich die Fans hier mit ihrem Spruchband selbst. Mit dem Verweis auf die „schiache Oide“ wird hier nämlich sehr klar definiert, wer da normalerweise auf den Rängen steht: Heterosexuelle Männer, deren Urteil über schiach und schoaf darüber entscheidet, wer außer ihnen vielleicht noch auf der Tribüne stehen darf. Und das nicht etwa als gleichberechtigte Fans, sondern als Objekte, an denen eine Handlung vorgenommen wird, die in dieser Formulierung einfach nur als frauenverachtend und gewalttätig einzuordnen ist.

Fan

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Während Status und Bildungsstand im Fanblock nur mehr eine untergeordnete Rolle spielen, ist vor allem das Geschlecht leider immer noch weitestgehend ausschlaggebend dafür, wer dort welche Rechte hat. Dass Fantum aber bei weitem keine rein männliche Angelegenheit ist, zeigen Initiativen wie die Fan.tastic Females Ausstellung, die in knapp 80 Videos weibliche Fußballfans aus 21 Ländern porträtiert; die Älteste unter ihnen 94 Jahre alt.

In einer Situation, in der Fangruppierungen keine Macht und wenig Mitspracherecht haben, muss also die im Fanblock ohnehin marginalisierte und unterrepräsentierte Gruppe der Frauen herhalten, um wieder ein bisschen Macht zurückzuerlangen. Dass Teilen der österreichischen Fußballfanszene in Anbetracht einer realen Krise und ihrer Auswirkung auf den Ligabetrieb nichts Besseres einfällt, als auf ihren strukturellen Sexismus zurückzugreifen, ist einfach nur armselig. Dass die Vereinsleitung des zugehörigen Fußballklubs das zunächst nicht als Problem anerkennt sagt aber auch sehr viel darüber aus, warum sich dieses Problem so hartnäckig hält. Und das, mit Verlaub, ist alles andere als lustig.