Österreichs Auftaktgegner in WM-Quali: Eine kompakte schottische Einheit
Österreich trifft zum Auftakt der WM-Qualifikation am Donnerstag auf Schottland. Das Nationalteam kann im Hampden Park in Glasgow auf fast alle fitten Legionäre zurückgreifen. Zuerst ging der ÖFB davon aus, dass die Deutschland-Legionäre nicht dabei sind. Umso wichtiger, dass jetzt fast jeder nach Schottland mitfliegt. Denn es wartet ein kompakte Gegner, der es der Elf von Teamchef Franco Foda nicht leicht machen wird. Der Blick auf die Statistik zeigt jedoch, dass man jetzt nicht unbedingt ein Offensivfeuerwerk erwarten sollte.
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Premier League-Fans werden mit dem schottischen Kader etwas anfangen können. Mit den beiden Linksverteidigern Andrew Robertson (Liverpool) und Kiernan Tierney (Arsenal) stehen gleich zwei defensive Topspieler der Liga im Kader, die zentralen Mittelfeldspieler Scott McTominay (Manchester United) und John McGinn (Aston Villa) sowie Stürmer Oliver McBurnie (Sheffield United) und neulich auch Che Adams (Southampton) komplettieren das starke Premier League-Aufgebot. Adams ist gegen Österreich erstmals dabei, der gebürtige Engländer hat sich erst heuer für die schottische Nationalmannschaft entschieden. Mit u.a. Ryan Fraser sind noch weitere Spieler von der höchsten englischen Liga dabei, abgerundet wird der Kader von Kickern aus der zwetklassigen Championship und der Scottish Premiership. Im Kader stehen nur Spieler aus den drei Ligen. Kompakt und einheitlich zeigt sich also alleine schon die Kaderaufstellung, auch auf dem Feld haben die Schotten letztes Jahr ähnlich agiert.
In allen acht Länderspielen 2020 setzt Schottland auf eine starke Defensive und auf eine effiziente Offensive. In der Nations League werden zwei Spiele mit 1:0 gewonnen (Slowakei und Tschechien), zweimal muss man sich 1:0 geschlagen geben (Slowakei und Israel), zudem setzt es einmal ein 1:1 gegen Israel und einen für schottische Verhältnisse fast furiosen 2:1-Sieg gegen Tschechien. Zudem buchen die Bravehearts über das Nations League-Playoff eines der letzten EM-Tickets. Im Halbfinale geht es nach einem 0:0 gegen Israel ins Elfmeterschießen, im Finale besiegt man Serbien nach einem 1:1 in der Verlängerung ebenso im Elfern. Damit haben die Schotten in acht Spielen gerade mal sechs Tore erzielt – aber auch nur fünf kassiert, natürlich exklusive der Elfmeterschießen. Österreich steht mit 14 geschossenen und sieben erhaltenen Toren in ebenso acht Spielen etwas offensiver dar. Offensive Feuerwerke haben die Österreicher aber 2020 auch kaum abgefeuert, beide Teams könnten also auch am Donnerstag abwartend agieren.
Torfestivals bei österreichisch-schottischen Aufeinandertreffen hat es auch in der Vergangenheit nicht gegeben. Die Bilanz zeigt einige knappe Matches zwischen beiden Teams, wo oft nur Kleinigkeiten entschieden haben – wohl auch wie am Donnerstag, wenn beide Teams erstmals seit 14 Jahren wieder aufeinandertreffen. 2007 verliert die ÖFB-Elf ein Freundschaftsspiel gegen Schottland daheim mit 0:1. Das letzte Pflichtspiel beider Teams ist sogar 24 Jahre her. Im April 1997 unterliegt Österreich im Rahmen der WM-Qualifikation 1998 in Schottland mit 2:0, qualifiziert sich aber trotzdem als Gruppensieger für die WM.
Österreichs Bilanz gegen Schottland: 19 Spiele, 8 Siege, 6 Remis & 5 Niederlagen – 32:21 Tore.
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In der Geschichte gibt es auch ein kurioses Länderspiel zwischen Österreich und Schottland. Das Freundschaftsspiel im Mai 1963 wird wegen überharter Gangart der Österreicher in der 83. Minute abgebrochen. Die Schotten führen damals daheim mit 4:1, übrigens vor fast 95.000 Zuschauern im Hampden Park. Etwas länger her ist das erste Duell beider Teams, 1931 besiegt Österreich die Schotten auf der Hohen Warte mit 5:0, es ist die Geburtsstunde des legendären Wunderteams. Für die Schotten ist es die erste Niederlage gegen eine nicht-britische Mannschaft. 1951 gewinnt Österreich als erste nicht-britische Mannschaft in Schottland – ÖFB-Goalie Walter Zeman wird damals dank seiner Paraden zum „Panther of Glasgow“ getauft. Drei Jahre später feiert Österreich bei der WM 1954 einen 1:0-Auftaktsieg gegen Schottland, die Basis für den später denkwürdigen dritten Platz.
Die Endrundenbilanz ist bei beiden Teams sehr ausgeglichen. Schottland war bei acht Weltmeisterschaften dabei, zuletzt 1998. Bei Österreich sind es sieben WM-Endrunden, die Letzte war auch das Turnier 1998 in Frankreich. Die kommende Euro im Juni und Juli wird für die Schotten genauso wie für die Österreicher die dritte EM-Teilnahme. Cheftrainer ist seit 2019 der Schotte Steve Clarke, Ex-Profi Kenny Dalglish ist mit 102 Einsätzen Rekord-Teamspieler.
Aktuell setzt Schottland auf viele verschiedene Spielsysteme, 2020 waren es in acht Spielen gleich fünf unterschiedliche (5-3-2, 3-4-2-1, 3-4-3, 3-1-4-2, 3-5-2) – am Ende liegt der Fokus aber immer auf einer guten Defensive. Österreich kann sich also auf eine vor allem defensiv kompakte schottische Einheit einstellen, dessen Interesse kein offensiver Schlagabtausch ist.
Aus Fansicht wurmt es natürlich jeden, dass die Corona-Situation leider noch lange keine Fußball-Fans in Stadien – geschweige denn Auswärtsreisen ins Ausland – zulässt. Ein Match im altehrwürdigen Hampden Park wäre ein Erlebnis. Das Stadion ist 1903 eröffnet worden, war bis 1950 sogar das größte Fußballstadion der Welt. In den 1930er Jahren waren fast 140.000 Zuschauer zugelassen. Zurzeit fasst das Stadion knapp über 50.000 Plätze, was an der Stimmung wenig ändert. Schon bei der schottischen Hymne hätte die Fans einiges an Gänsehaut erwartet. So wird es am Donnerstag aber eines von sehr vielen Geisterspielen im Teil-Lockdown. Dafür aber gleich ein sehr richtungsweisendes.