Gerhard Struber und der 1. FC Köln – Was lange währt…?
Die Saison hätte für Gerhard Struber an seiner neuen Station durchaus besser beginnen können. Gelang dem österreichischen Cheftrainer mit dem 1. FC Köln zu Beginn der Saison ein solider Start mit zwei Siegen und einem Unentschieden aus den ersten vier Spielen, folgte darauf ein Absturz in die zweite Tabellenhälfte, bedingt durch viele teils unnötige Niederlagen und Punktverluste. Die Rufe nach einem Rauswurf wurden in der ohnehin lebhaften Stadt am Rhein lauter. Struber stand gemeinsam mit Sportchef Christian Keller auf der Abschussliste. Doch nach dem 1:0-Erfolg gegen Preußen Münster stieg der Österreicher zum Rekordtrainer in Köln auf, denn noch keinem Coach war es gelungen, in der langen Tradition des 1. FC Köln vier Spiele in Folge ohne Gegentor zu bleiben.
Holpriger Start in neuem Umfeld
Die Erleichterung über das erlösende Kopfballtor von Tim Lemperle gegen den Aufsteiger aus Münster war Struber am Wochenende deutlich anzusehen. Ein Punktverlust gegen einen klaren Abstiegskandidaten wäre ein großer Rückschritt in der Hoffnung auf den Aufstieg gewesen. Dass der 1. FC Köln nach 13 Spieltagen wieder Anschluss an die Tabellenspitze hat, hätte man vor ein paar Wochen nicht gedacht. Die Saison verlief bis dato für Struber in seinem neuen Umfeld alles andere als rund. Doch die Herausforderung für den 47-Jährigen hätte zu Beginn kaum größer sein können. Er übernahm eine verunsicherte Mannschaft, die in der Vorsaison eine Berg- und Talfahrt erlebte. Auf die Hoffnung auf den Klassenerhalt an einem Wochenende folgte die sportliche Talfahrt am nächsten Spieltag. Zudem war der Verein mit einer Transfersperre belegt, sodass man auf das alte, verunsicherte Personal setzen musste. Doch der Teamgeist beim FC ist „spürbar anders“, wie es das Motto der Kölner auch sagt. Viele Abgänge von Leistungsträgern musste die Mannschaft nicht hinnehmen. Im Gegenteil – viele davon standen dem Verein weiterhin zur Seite und sprachen davon, gemeinsam durch diese Zeit zu gehen.
Nach einer guten Vorbereitung in der Steiermark startete Struber mit seinem Team auch recht erfolgreich in die Saison. Sieben Punkte aus den ersten vier Spielen sowie nur eine Niederlage gegen Mitfavoriten Hamburg konnten sich zu Beginn sehen lassen. Doch dann offenbarte sich die große Schwäche. Die Defensive litt unter dem attraktiven Vollgasfußball – dies wäre noch zu verkraften gewesen, wenn die Offensive die zahlreichen Chancen genutzt hätte. Nicht umsonst ist der 1. FC Köln führend in den Statistiken, wenn es um die Chancenerarbeitung geht. Mit 436 Ballkontakten im gegnerischen Strafraum, 47 erspielten Großchancen und einem Wert von 27,4 erwarteten Toren weist Köln mehr offensive Aktionen auf als jedes andere Team der Liga. Doch hier kommt die Kehrseite der Medaille. Mit 30 vergebenen Großchancen hat der Geißbock die schwächste Effizienz der Liga. Die Abschlussschwäche gepaart mit der Anfälligkeit in der Defensive führten zwischenzeitlich zum zwölften Tabellenplatz.
Ergebnisfußball à la José Mourinho
Nach einer Systemumstellung und einem Wechsel auf der Torhüterposition stabilisierte Struber die Defensive der Kölner. Dabei erinnert sein Spielstil an den des „Special One“, José Mourinho. Der Portugiese ist wohl einer der bekanntesten und umstrittensten Trainer der modernen Fußballgeschichte. Bekannt ist er vor allem durch seine pragmatische und oft defensive Spielweise. Doch mit dieser Herangehensweise hat er zahlreiche Erfolge mit Top-Clubs wie dem FC Porto, FC Chelsea, Inter Mailand, Real Madrid, Manchester United und Tottenham Hotspur gefeiert. Die Art und Weise, wie Struber sein Team in der aktuellen Phase Fußball spielen lässt, erinnert ein wenig an die Idee, aus einer stabilen Abwehr heraus Chancen zu kreieren. Deshalb war auch im letzten Spiel gegen das schwächere Preußen Münster die höhere Ballbesitzquote bei den Preußen. In vielen Situationen bekommt man das Gefühl, dass der FC den Mannschaftsbus vor dem Tor parkt. Umso erstaunlicher ist es jedoch, dass die Kölner trotz der defensiven Ausrichtung immer noch durchschnittlich 16 Schüsse auf das Tor des Gegners abgeben.
Der Erfolg scheint Struber allerdings rechtzugeben. So schaffte er etwas, was noch keinem anderen Trainer zuvor in Köln gelang: Vier Siege in Serie ohne ein Gegentor hinnehmen zu müssen. Doch der FC sollte gewarnt sein. Die Statistik der Abschlussschwäche legt die große Gefahr des Spielsystems offen. Zudem fielen die Tore sowohl gegen Greuther Fürth als auch gegen Preußen Münster ein wenig nach dem Fußballfloskel „Wie aus dem Nichts“. Zur Wahrheit gehört auch, dass es sich um Spiele gegen Mannschaften handelte, die sich selbst mit Ballbesitz schwertun. Interessant wird es zu beobachten sein, ob die Defensive immer noch so stabil ist, wenn es gegen Mannschaften geht, die in der Offensive mehr zeigen können. Vielleicht schon am Wochenende gegen Hannover 96, wobei nur vier Teams weniger Tore erzielt haben als die Niedersachsen.