querpass #1 – Champions League, bitte nicht stören!
Wer kann sich noch erinnern?
Mit Wehmut blicke ich an die Zeiten zurück, als ein Verein wie Ajax Amsterdam das Finale gewann, als Panathinaikos Athen im Halbfinale stand und als die UEFA Champions League keine geschlossene Gesellschaft ein paar weniger Länder war. Es mag früher nicht diese Attraktivität vorhanden gewesen sein und vielleicht spielt die Nostalgie eine große Rolle, aber die meisten Ü30er wissen wovon die Rede ist. Die Königsklasse war in ihren Startjahren, in denen pro Land nur ein Verein spielberechtigt war – maximal zwei, wenn der Titelverteidiger nicht nationaler Meister wurde.
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Die Fußball-Landschaft hat in den Neunziger Jahren des alten Jahrtausends einen Wandel erfahren. Das Bosman-Urteil aus dem Jahr 1995 ließ die Spieler nach Auslaufen des Vertrages ablösefrei wechseln. Ab der Saison 1997/98 durften dann die ersten acht Länder der UEFA-Fünfjahreswertung erstmals den Vizemeister in die Eliteliga Europas entsenden und das Teilnehmerfeld wurde gleichzeitig von 16 auf 24 Mannschaften aufgestockt. Zwei Jahre später stieg die Zahl sogar auf 32 Teams an, wobei das aktuelle System mit vier Klubs für die drei stärksten Länder, mit drei für die Plätze vier bis sechs und mit zwei Vereinen für die Plätze sieben bis 15 eingeführt wurde. Nachdem sich die UEFA jahrelang für maximal vier Teams pro Land ausgesprochen hatte, gab es heuer erstmals derer fünf aus einem Land, da seit der Saison 2014/15 der Europa-League-Sieger direkt in der darauffolgenden Champions-League-Saison einsteigt. In diesem Fall war es der FC Sevilla, der die Top Vier der Primera Division in der Königsklasse verstärkte.
Chancenlos durch die Macht
Unvorstellbar wären heute frühere Meistercup-Sieger wie Roter Stern Belgrad oder Steaua Bukarest. Der letzte CL-Sieger, der nicht aus den Ländern Spanien, England, Italien und Deutschland kam, war vor zwölf Jahren der FC Porto. Genau jene genannten vier Länder sind es auch, die seit der Saison 2001/02 mindestens neun von 16 Teams im Achtelfinale stellten (Höchstwert lag sogar bei 13!). Also von 54 Ländern, fallen im Schnitt etwa 70% der Achtelfinalisten auf diese 7% aller Verbände. Da kann man getrost von einer klaffenden Schere zwischen Arm und Reich sprechen.
Klar könnte man damit argumentieren, dass in diesen Ländern der bessere Fußball gespielt wird und diese dadurch mehr Einnahmen erhalten müssen. Nur ist es nicht eine Frage von Ursache und Wirkung? Bekomme ich mehr Geld, kann ich mehr investieren. Und wie sollen die hinteren Länder jemals aufholen, wenn sie vom großen Geldkuchen ferngehalten werden? Insgesamt fünf garantierte Startplätze für die Länder von Platz 13 bis 54 und 21 Fixplätze für die Länder von Platz eins bis zwölf, den Rest machen sich die Nicht-Meister der Länder von Platz eins bis 15 untereinander aus. Dazu kommt noch der Europa-League-Sieger. Wieder haben wir die vorhin angesprochene Schere.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Es gab da natürlich noch Teams wie KAA Gent, APOEL Nikosia, der FC Basel oder der FC Kopenhagen, die den Sprung unter die Top 16 der Champions League schafften – auch Sturm Graz gelang dieses Kunststück in der Saison 2000/01. Aber solche Erfolge sind eher unter der Kategorie „Sensation“ einzustufen. Die Kluft wird eindeutig größer. Da die vorgetäuschte Sicherung der fixen Startplätze für die „kleinen“ Länder aber in beiden Richtungen wirkt, bleiben die Starken stark und die Schwachen schwach. Dieses System birgt die Gefahr einer Langeweile mit sich, die aus einer ungerechten Verteilung resultiert.
Immer wieder sind Kommentare über die langweilige Champions League zu lesen. „Ich möchte nicht zum 100. Mal Bayern gegen Barcelona spielen sehen“, so ähnlich wird über das Problem der Königsklasse argumentiert. Die Europa League ist vom sportlichen Wert her interessanter geworden. Doch warum gerade der „Loser-Cup“? Ganz einfach, wegen der Vielfalt und Unberechenbarkeit, die der Wettbewerb Jahr für Jahr bietet. Die Erhöhung der Preisgelder von der UEFA im letzten Jahr wird dennoch den Teams in der Eliteliga höhere Einnahmen bringen. Zwar bekommt die Europa League relativ gesehen deutlich mehr Geld, doch absolut erhält die Champions League mehr Sahne auf den Kuchen. Für die große Masse ist die Champions League weiterhin die Nummer eins und so lange das so ist, wird sich auch wenig bis nichts an diesen Strukturen ändern.
Fair Play und Respect
Die UEFA wirbt mit der „Respect“-Kampagne um „die Gesundheit und die Integrität – sowohl des Fußballs als auch der Gesellschaft als Ganzes – zu stärken“ (uefa.com). Jedoch wo ist dieser Respekt gegenüber den kleinen Ländern und Vereinen? Jährlich schnappen sich die altbewährten Teams um die 50 Millionen Euro aus dem CL-Topf, was für deren gesamtes Budget nur Peanuts sind. Ein Klub wie Austria Wien konnte mit einer einmaligen Teilnahme seine gesamte Infrastruktur modernisieren, ohne dabei auch nur im entferntesten den europäischen Topklubs näher zu kommen. Im Gegenteil, der Abstand wird mit jedem Jahr größer. Die Topteams bekommen weiterhin ihre Millionen, die Austria muss womöglich wieder ein bis zwei Jahrzehnte bis zur nächsten Teilnahme warten. Historisch gesehen sind die Veilchen kein unbedeutender Verein. Ein Finale, drei Halbfinale und sechs Viertelfinale wurden in den 70ern und 80ern im Europapokal erreicht. Und heutzutage chancenlos.
Die UEFA wirbt mit „Fairplay“. Doch ist es fair die „G’stopften“ weiter zu füttern und die restlichen 90% verhungern zu lassen? Da lässt es sich mit voller Hose sehr gut stinken. Scheinbar ist es ein Phänomen in unserer Gesellschaft so zu tun, als ob man den Kleinen hilft, während man sie gleichzeitig ausnimmt.
Teile und herrsche
Diese Verteilung muss überdacht werden, die Frage ist nur, wer schafft es sich gegen die Interessen der europäischen Topklubs – Karl-Heinz Rummenigge ist deren stimmlicher Vertreter – aufzulehnen. Ich glaube immer noch an das Gerechte und bin überzeugt, dass wenn sich einige zurücknehmen, es einen Mehrwert für das Gesamte gibt.
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