Der Präsident ist am Wort
Wir verabreden uns mit ÖFB-Präsident Leo Windtner im Café Ausklang in Wien. Gemeinsam mit „Radio Klassik“-Journalist Stefan Hauser treffen wir den 58-jähirgen Oberösterreicher in Begleitung der ÖFB-Pressesprecherin Iris Stöckelmayr. Er nimmt sich eine halbe Stunde Zeit, um unsere Fragen zu beantworten.
12terMann: Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben – können wir starten?
Windtner: [nickt]
12terMann: Alles klar! Wie sehen Sie unter Teamchef Franco Foda die Entwicklung des Nationalteams in Hinblick auf die Nations League und die Qualifikation für die kommende Europameisterschaft 2020?
Windnter: Ich glaube, dass in diesem dreiviertel Jahr, seitdem Franco Foda mit seinem neuen Team die Verantwortung trägt, schon einige Spuren entwickelt wurden. Dort und da sind auch neue Schritte, aber auch Schnitte erfolgt. Es ist eine mentale Neuaufstellung, ein neues Set-Up für das Team enstanden. Auch der kleine Generationenwechsel, den wir durch Rücktritte gezwungenermaßen hinnehmen mussten (Anm. d. Red. Rücktritt von [spielerprofil spieler=“Martin Harnik „], [spielerprofil spieler=“Zlatko Junuzovic“] und [spielerprofil spieler=“Ramazan Özcan“]) ist erfolgreich verlaufen. Es sind sehr verdiente Spieler, oftmals überraschend, vom Nationalteam zurückgetreten, aber alle jungen hunrigen Spieler, die hier nachgekommen sind, waren eine Zufuhr für das Nationalteam und haben hier ein Mindset geschaffen. Damit wurde das Nationalteam eine Art Powercenter, denn jeder kommt von seinem Klub, ist dort voll im Einsatz und voll im Saft, ist motiviert und bringt diese Motivation voll in das Kollektiv ein, ohne dass der Teamspirit leidet – im Gegenteil, jeder tut alles dafür, die eigene Leistung ins Kollektiv einzubringen. Ich glaube, das ist auch spürbar.
12terMann: Sticht da einer der neuen Spieler ganz besonders hervor?
Windtner: Ich glaube, es wäre unfair einen zu nennen. Es sind viele Junge nachgekommen und die Serie von Spielen unter Franco Foda war sehr beeindruckend. Ich möchte jetzt auch gar nicht das 0:3 gegen Brasilien zu viel kommentieren, weil wir natürlich feststellen müssen: Wir haben eine tolle Serie gespielt, auf die wir in der Nations League aufbauen können.
12terMann: Haben Sie schon Kentnisse aus der laufenden Weltmeisterschaft ziehen können für das Nationalteam oder den Fußball generell?
Windtner: Zuerst einmal möchte ich sagen, es ist eine wirklich tolle Weltmeisterschaft, eine spannende und es ist ganz klar erkennbar, dass die bisherigen Underdogs und kleineren Nationen sehr stark aufgeschlossen haben zu den großen Fußballnationen, was man auch gut am Beispiel des frühen Ausscheidens von Deutschland und Argentinien sieht. Wir sehen, dass Kroatien sowie Belgien zu den Mitfavoriten zählen, so ist diese alte Hierarchie aufgebrochen worden und die Spiele der letzten Tagen zeigen auch die Knappheit des Fußballs auf martialische Art. Stichwort: Last-Minute-Tore oder Elfmeterschießen. Es waren tolle und spannende Spiele, in denen Außenseiter ein starker Widerpart waren und auch überrascht haben.
12terMann: Wo steht Österreich derzeit? Kann man das jetzt schon sagen oder erst ab der Nations League?
Windtner: Das kann man erst ab der Nations League sagen, Vergleiche mit WM-Startern wären hypothetisch. Andererseits sind wir gerade beim Eröffnungsspiel in Russland (5:0 Russland vs. Saudi-Arabien) oft darauf angesprochen worden, dass das Niveau, das wir mitbringen auch auf dieser Ebene ganz gut passen würde – das ehrt uns, das freut uns, aber wir bleiben am Boden. Es geht los mit der Nations League im Herbst und der EM-Quali nächstes Jahr, an dem werden wir gemessen und befunden werden.
12terMann: Was sagen Sie zu der europäischen Stärke bei dieser Endrunde?
Widtner: Es ist nicht ganz überraschend, aber sehr befriedigend, dass europäische Teams derart stark auftreten. Denn es ist kein Geheimnis, dass es auf der FIFA-Ebene oftmals Rempeleien gibt, wenn es um Qualifikationsplätze für WM-Endrunden geht. Und da ist es gut zu sehen, dass Europa nicht nur seine wirtschaftliche sondern auch seine sportliche Stärke zeigt.
12terMann: Sie sind mittlerweile seit neun Jahren im Amt als ÖFB-Präsident. Ist Ihnen in dieser Zeit wer besonders ans Herz gewachsen, in Erinnerung geblieben von Spielern, Trainern oder Funktionären?
Windtner: Ich würde sagen, dass das Kollektiv der Mannschaft einem ans Herz wächst, weil man sich in einer Schickschalsgemeinschaft bewegt. Weil man gemeinsam leidet, gemeinsam jubelt, gemeinsam feiert und diese Augenblicke man nie vergessen wird, wenn wir in Schweden 4:1 gewinnen oder dieses Qualifest gegen Liechtenstein in Wien, wo wirklich die ganze Fußballnation innerlich getanzt hat, kann man sagen. Aber es hat auch Rückschläge gegeben wie bei der EM, wo wir die hochgeschraubte Erwartungshaltung nicht erfüllen konnten. Wo wir letztlich alle zusammen am Boden versammelt waren und auch das schweißt zusammen.
12terMann: Wenn wir jetzt schon vier Jahre weiterblicken – zur nächsten WM. Diese wird in Katar im Advent sein wird, wie gehts Ihnen damit? Bisher waren Großeignisse immer wenn es schön warm ist und in vier Jahren stehen wir beim Punschstand und machen Public Viewing. Und steht das nicht auch in Konkurrenz zum Skisport?
Windtner. Das wird der totale Paradigmenwechsel werden, wenn wir eine Woche vor Weihnachten das Finale haben, wenn die Gruppenspiele um den ersten Adventsonntag beginnen, wenn der Krampus die Punkte nimmt und der Nikolaus bringt, wenn zum Teil die Skirennen genauso über den Bildschirm laufen wie die WM – das wird ein vollkommen neues Mix-Up und ein neues Gefühl.
12terMann: Was ist ihre Meinung bzw. Erkenntnis zum Video Assistant Referee?
Windtner: Grundsätzlich ist es in Ordnung, aber es wird wahrscheinlich dort und da Nachjustierungen brauchen. So ist es nicht klar, wann der Schiedsrichter darauf zurückgreift und wann nicht. Aber dass die hunderprozentige Objektivität daraus entsteht, hat die Weltmeisterschaft bisher negativ beantwortet. Es wird der Schiedsrichter trotzdem selber entscheiden müssen und hier liegen die Entscheidungen wie bei jedem menschlichen Ermessen abseits der objektiven Wahrheit.
12terMann: Kommen wir zu unserer Abschlussfrage. Gibt es Bestrebungen wieder ein Großereignis nach Österreich zu holen, wie letztmals 2008?
Windtner: Wir haben ein Großereignis im Jahr 2020 mit dem Champions League Finale der Frauen. Wir tragen uns mit dem Gedanken und prüfen, ob wir nicht in der Folge wieder ein Großereignis nach Österreich bringen können. Natürlich scheitern wir derzeit an den limitierten Voraussetzungen des Ernst-Happel-Stadions, aber man wird sehen, ob hier nicht in Zukunft Schritte unternommen werden.
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