Ralf Rangnick: „Man kann uns nicht für dumm verkaufen“
Der österreichische Teamchef Ralf Rangnick hat in einem kritischen Interview gegenüber dem Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) Klartext gesprochen. In einer ausführlichen Stellungnahme stellte er Missverständnisse klar und betonte seine Prinzipien als Trainer und Führungspersönlichkeit.
„Es ist vielleicht an der Zeit, ein paar Dinge nochmal klarzustellen – in aller Ruhe und in aller Sachlichkeit, aber auch nochmal in aller Deutlichkeit“, eröffnete Rangnick sein Statement.
Das hat der Präsident thematisiert….
Rangnick machte deutlich, dass eine mögliche Vertragsverlängerung oder Erweiterung seiner Kompetenzen zu keinem Zeitpunkt in der jüngeren Vergangenheit ein Thema war. „Dieses Thema war zu keinem Zeitpunkt irgendwann in den letzten Monaten irgendein Gesprächsthema – weder von meiner Seite aus, überhaupt nicht, aus meiner Sicht auch überhaupt nicht notwendig, noch wurde es in irgendeiner Form diskutiert„, erklärte er.
Er verwies darauf, dass seine Entscheidung, am 1. Mai in Österreich zu bleiben und andere Angebote auszuschlagen, rein persönliche und emotionale Gründe hatte. „Das hat damit 0,0 zu tun, überhaupt nicht. Es war überhaupt kein Gesprächsthema zwischen mir und irgendjemand vom ÖFB, und es wurde mir auch nicht in Aussicht gestellt.“
Rangnick betonte, dass es der Präsident des ÖFB war, der diese Themen öffentlich machte: „Das war der Präsident, der dann am 1. Mai in Klagenfurt in mehreren Interviews genau diese zwei Themen thematisiert hat. Danach gab es fünf Monate lang zu diesem Thema keinerlei Gespräche – bis zum heutigen Tag nicht.“
Teilnahme an Präsidiumssitzung bereut
Der Teamchef äußerte auch Bedauern über seine Teilnahme an einer Präsidiumssitzung vor zehn Wochen. „Meine Teilnahme an der Präsidiumssitzung vor zehn Wochen war der ausdrückliche Wunsch des Präsidenten und von Herrn Walter Pirzl. Die beiden haben mich mehrere Male gebeten, inbrünstig gebeten, Teil dieser Präsidiumssitzung zu sein„, erläuterte Rangnick.
Im Rückblick würde er diese Entscheidung revidieren: „Im Rückblick würde ich es nicht mehr machen. Ich würde viel lieber nicht dabei gewesen sein, sage ich an der Stelle auch nochmal.“
Leistungsprinzip über allem
Rangnick unterstrich seine persönliche Philosophie und sein Verständnis von Verantwortung. „Falls das noch nicht immer alle mitgekriegt haben, wie ich da persönlich ticke: Ich bin von klein auf als Junge schon so erzogen worden, und so arbeite ich auch als Teamchef – das Leistungsprinzip steht über allem„, sagte er bestimmt.
Er machte klar, dass er bei Misserfolg die Konsequenzen ziehen würde: „Wenn wir uns nicht für die Europameisterschaft qualifiziert hätten, würde ich hier gar nicht mehr sitzen. Ich wäre seit einem Jahr nicht mehr Teamchef von Österreich, wenn wir uns nicht qualifiziert hätten – und zwar völlig unabhängig von Vertragslaufzeiten oder von irgendwelchen Dingen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die WM: Wenn wir uns nicht für die Weltmeisterschaft qualifizieren, bin ich einen Tag später nicht mehr Teamchef – völlig unabhängig davon, ob ich noch Vertrag habe oder nicht.“
Ersatzlose Streichung von Neuhold geht nicht
Ein weiterer zentraler Punkt seiner Ausführungen war die Situation um Bernhard Neuhold. Rangnick betonte die Bedeutung professioneller Strukturen für den Erfolg der Nationalmannschaft. „In diesem Zusammenhang auch nochmal ein Hinweis zu der Personalie Bernhard Neuhold – und die Mannschaft weiß das, wie wir da ticken. Auch in diesem Bereich geht es nicht darum, ob ich oder wir irgendjemand besonders nett finden oder sympathisch, sondern es geht ausschließlich darum, dass wir professionell bestmögliche Arbeitsbedingungen für die Spieler haben„, erläuterte er.
Die ersatzlose Streichung Neuholds sieht Rangnick kritisch: „Bernhard Neuhold von heute auf morgen ersatzlos zu streichen, das funktioniert nicht, ohne dass die Nationalmannschaft Schaden nimmt, weil er der erste Ansprechpartner ist für alle Themen, die wir haben, die ich habe als Teamchef, mein Trainerstab, und ich glaube, für den Spielerrat spreche ich da auch.“
Er forderte klare Lösungen: „Das heißt, wenn man sich entscheidet, Bernhard Neuhold ist nicht mehr da, dann muss am gleichen Tag ein gleichwertiger oder – was ja dann auch nur Sinn macht – noch besserer Ersatz für ihn da sein. Das möchte ich an der Stelle einfach auch nochmal klarstellen.“
„Wir zeigen Gesicht“ – mehr als nur ein Slogan
Zum Abschluss verwies Rangnick auf das Motto der Mannschaft während der Europameisterschaft. „Wir haben während der Euro auf dem Trainingsanzug hinten drauf stehen gehabt: ‚Wir zeigen Gesicht‘. Das war nicht nur ein Werbegag oder ein Werbeslogan, sondern das ist genau so, wie ich mit der Mannschaft miteinander die Mannschaft versucht habe zu entwickeln, und genau so handeln wir, genau so denken wir auch„, betonte er.
Er machte deutlich, dass er und die Mannschaft sich nicht unterschätzen lassen: „Man kann uns nicht einfach nur so für dumm verkaufen und für dumm halten. Dazu sind die Jungs zu schlau, dazu sind auch wir zu schlau. Und deswegen möchte ich an der Stelle auch nochmal sagen: ‚Wir zeigen Gesicht‘ ist für uns ein Motto. Genau so haben wir die Mannschaft entwickelt, und genauso gehe ich auch mit meinen Mitarbeitern und auch mit den Spielern um.“