Teamanalyse: Die Slowakei bei der UEFA EURO 2024
Die Slowakei ist zum dritten Mal in Folge bei der EM dabei, wobei sich die Qualifikation für das diesjährige Turnier genau mit der für die EM 2016 deckt: Platz zwei, sieben Siege, ein Remis, zwei Niederlagen und ein Torverhältnis von +9. Damals erreichte man das Achtelfinale, nun scheint dieses aber in Ferne gerückt zu sein. Mit Trainer Francesco Calzona, der in der Rückrunde die Doppelbelastung als Nationaltrainer der Slowakei und Interimscoach Napolis auf sich nahm, muss man die auf erfahrene Spieler setzen.
Torhüter
Der Newcastle-Legionär Martin Dubravka ist mit 35 Jahren und insgesamt 43 Einsätzen der erfahrenste im slowakischen Torwart-Trio. Bereits seit 2014 befindet er sich mit Unterbrechungen immer wieder im Kreis der Nationalmannschaft. Mit Calzonas Antritt wurde er wieder Stammtorhüter seines Landes, hat so 13 der letzten 16 Ländermatches absolviert und seinen direkten Konkurrenten verdrängt.
Dieser heißt Marek Rodak. Er verhalf Fulham zum Rückkehr in die Premier League im Jahre 2022. Seitdem der Klub sich aber wieder in der höchsten englischen Liga befindet, sitzt er nur auf der Bank und sucht einen neuen Arbeitgeber für die nächste Saison. Mit dieser Erfahrung ist er der zweite Torhüter der Slowakei.
Die klare Nummer drei ist Henrich Ravas. Nach Engagements in mehreren Ländern landete er in der MLS, wo der die Mehrheit der Spiele bei New England Revolution absolvieren durfte. Er war seit Calzonas Übernahme immer dabei, muss aber noch auf sein Debüt warten.
Verteidigung
Die Abwehr ist die Stärke der Sokoli (Falken). Der große Star in der Innenverteidigung ist Mannschaftskapitän Milan Skriniar. Mit Inter Mailand und PSG wurde er italienischer bzw. französischer Meister, in der Nationalmannschaft ist er seit Jahren gesetzt. Der Platz neben ihm wird von mehreren besetzt, Denis Vavro ist der wahrscheinlichste Kandidat für den zweiten Innenverteidigerplatz, er ist beim FC Kopenhagen ein wichtiger Defensivakteur. Der 31-jährige Norbert Gyomber ist mit 39 Länderspieleinsätzen im Team bereits erfahrener als Vavro, wird aber wie die Talente Adam Obert (21) und Sebastian Kosa (20) auf der Bank Platz nehmen.
Die Linksverteidigerposition ist mit David Hancko gut besetzt. Er spielte bei Sparta Prag und nun bei Feyenoord Rotterdam groß auf. In den Niederlanden kommt er als Innenverteidiger zum Einsatz, Calzona baut aber links hinten auf ihn, wodurch qualitativ ein weiterer guter Spieler dabei ist. Sein Ersatz ist der in Argentinien geborene Vernon de Marco. Auf der rechten Abwehrseite steht ein Routinier: Peter Pekarik ist zwar bei Hertha BSC Reservist, für die Slowakei aber gesetzt.
Mittelfeld
Im Dreiermittelfeld Calzonas sind drei etablierte Spieler gesetzt, gemeinsam haben sie über 230 Länderspiele auf ihrem Konto. Der Defensivste des Trios ist Stanislav Lobotka, der Teil von Napolis Meistermannschaft 2023 war und bei der Slowakei vergeht kaum eine Parte ohne den 29-Jährigen. Vor Lobotka spielt ein weiterer Dauerbrenner: Ersatzkapitän Juraj Kucka, der mit 107 Einsätzen für die Slowakei die meisten des Trios vorweist, ist ebenfalls ein Fixpunkt. Das Dreierteam ergänzt Ondrej Duda, der den deutschen Fans noch aus seiner Zeit bei Hertha BSC und dem 1. FC Köln bekannt ist. Seit September 2022 verpasste der Routinier nur fünf Länderspiele.
Patrik Hrosovsky spielt beim KRC Genk durchgängig, kann Lobotka auf der Sechs ersetzen. Laszlo Benes ist beim HSV ebenfalls gut dabei, ihm bleibt aber nur die Joker-Rolle für die Slowakei. Matus Bero findet nach langer Knieverletzung als Rotationsspieler wieder in die Mannschaft, während der 21-jährige Tomas Rigo gleich bei seinem Debüt gegen San Marino traf und ebenfalls auf der Bank Platz nehmen wird.
Angriff
Gesetzter Mittelstürmer ist Robert Bozenik, Legionär bei Boavista Porto, wo er mit neun Toren und zwei Vorlagen Topscorer der abgelaufenen Saison wurde. Im letzten Testspiel schoss er gegen Wales das zwischenzeitliche 2:0. Aus der heimischen Liga ist mit David Strelec sein Ersatzmann dabei. Bei Slovan Bratislava gehört er zu einem der drei besten Angreifer, mit einen Tor und einer Vorlage verhalf er zuletzt zum Sieg gegen San Marino.
Ein fixes Flügelpaar hat sich auch schon gefunden. Links macht es Routinier Lukas Haraslin, beim tschechischen Hauptstadtklub Sparta Prag ist auch er einer der drei besten Offensivspieler, 16 Tore und sechs Vorlagen sprechen für sich. Rechts ist dagegen mit Tomas Suslov ein spannendes Talent dabei. Im letzten Sommer wechselte der Spielmacher zu Hellas Verona, als Linksfuß zieht er gerne invers nach innen und war in Italien gesetzt.
Ivan Schranz, David Duris und Lubomir Tupta kommen eher als Wechselspieler mit. Ein interessanter Nachwuchskicker ist zudem Leo Sauer, der mit 18 Jahren zuletzt beim niederländischen Meister Feyenoord eine Jokerrolle ausfüllte.
Trainer
Der Italiener Francesco Calzona ist eine interessante Traineraktie. Im Juli 2022 wurde er Nationaltrainer der Slowakei, spricht aber weder Slowakisch noch Englisch, hat also einen Übersetzer dabei. Zudem musste er beim SSC Neapel als Interimstrainer einspringen, wodurch eine seltene Doppelbelastung als Vereins- und Nationaltrainer entstand. Dies gelang eher mittelmäßig, gewann er doch nur drei von 16 Spielen beim italienischen Meister von 2023. Mit den Falken siegte er immerhin in der Hälfte seiner Spiele, wobei oft nur kleinere Fußballnationen die Gegner waren.
Gesamtbewertung
Beim letzten Kontinentalturnier war man ebenfalls in Gruppe E, wurde zwar Dritter, schied aber dennoch aus. Mittlerweile ist der dritte Platz nicht mehr so wahrscheinlich, denn in der Offensive rund um den interessanten Tomas Suslov sind zwei langjährige Schlüsselkräfte nicht mehr dabei. Rekordspieler und -goalgetter (26 Tore in 138 Einsätzen) Marek Hamsik beendete seine Karriere im vergangenen Sommer endgültig. Robert Mak fehlt indes nach persönlichen Schwierigkeiten mit Francesco Calzona.
Dadurch wird die Verteidigung zum wichtigsten Mannschaftsteil der Sokoli, die durch Eingespieltheit besticht. Nun muss sie sich beim Auftaktspiel gegen Belgien gleich mal gegen den Favoriten bewähren. Die K.O.-Phase zu erreichen, erscheint jedoch unwahrscheinlich.
Slowakei in Gruppe E
Montag, 17.6., 18 Uhr | Belgien – Slowakei (Köln)
Freitag, 21.6., 15 Uhr | Slowakei – Ukraine (Düsseldorf)
Mittwoch, 26.6., 18 Uhr | Slowakei – Rumänien (Frankfurt a. M.)