UEFA EURO 2024

Teamanalyse: Georgien bei der UEFA EURO 2024

Der Fußballzwerg Georgien ist ein unbeschriebenes Blatt im europäischen Fußball. Für das Land südlich des Großen Kaukasus ist die Europameisterschaft 2024 das erste Großturnier der Fußballgeschichte. Verantwortlich dafür ist Willy Sagnol. Die Bayern-Legende ist seit Februar 2021 als Trainer an Bord und führte die Mannschaft von Platz 89 auf den 75. Rang in der FIFA-Weltrangliste. Für die Dschwarosebni (Kreuzritter) spielt derzeit auch der eine oder andere Starspieler. Zu verlieren hat der Underdog allerdings nichts.

Torhüter

Einer der besten Spieler des Landes ist Stammtorhüter Giorgi Mamardashvili. Im Sommer 2021 wechselte er zum FC Valencia und entwickelte sich seitdem zu einem der besten Torhüter in LaLiga. 17 Ländereinsätze absolvierte der 23-Jährige für die Dschwarosebni, viele werden noch dazu kommen. Er ist wohl auf lange Sicht die unangefochtene Nummer Eins bei den Georgiern.

Die Qualität dahinter ist überschaubar. Der Routinier Giorgi Loria ist die Nummer zwei, mit 38 Jahren und fast 80 Spielen ist er der Keeper mit den meisten Einsätzen für Georgien. Mamardashvili verdrängte den für das erste Spiel rotgesperrten Loria jedoch. Als Back-Up ist er aber sicherlich eine gute Option für Sagnol.

Luka Gugeshashvili fällt die Rolle als Nummer Drei zu. Sein Debüt, die zweite Hälfte bei einem 6:1-Sieg gegen die Mongolei, blieb sein bisher einziger Einsatz, der Bankplatz blieb ihm aber sicher. Bei Qarabag Agdam aus Aserbaidschan war in der abgelaufenen Saison nur zweite Wahl.

Sofern Mamardashvili sich nicht verletzt, ist Georgien aber auf der Torhüterposition gut aufgestellt.

Verteidigung

Sagnol bevorzugt eine Dreier- respektive Fünferkette. Das Innenverteidigertrio führt Rekordnationalspieler Guram Kashia von Slovan Bratislava an. 113 Einsätze hat der 36-jährige Kapitän seit 2009 verbuchen können. Zu ihm gesellt sich links Zypern-Legionär Lasha Dvali. Wegen einer Muskelverletzung fehlte er noch im November, jetzt ist wieder voll im Saft und absolvierte jede Minute in den Playoffs.

Der Dritte im Bunde ist Solomon Kvirkvelia, im Oktober war er der Kapitän beim 8:0-Sieg im Friendly gegen Thailand. In Österreich ist Ersatzspieler Luka Lochoshvili noch aus seiner Zeit beim Wolfsberger AC bekannt, die anderen Reservisten sind Jemal Tabidze (Panetolikos) und Giorgi Gvelesiani (Persepolis).

Mit dem nominellen Flügelspieler Levan Shengelia hat Sagnol einen neuen Flügelverteidiger für die linke Seite gefunden, der durch seine offensive Grundauslegung weitgehend nach vorne orientiert ist, im Team aber natürlich umdenken und defensiv stabiler sein muss. Sein Gegenstück auf der rechten Seite ist Cracovias Otar Kakabadze, der mit 61 Nationalspielen einer der Erfahrensten im Team ist. Shakhtars Giorgi Gocholeishvili kann ihn ersetzen.

Mittelfeld

Im Mittelfeld ist die Qualität höher. Levantes Giorgi Kochorashvili ist seit acht Spielen Sagnols Dauerbrenner in der defensiven Zentrale. Zu ihm gesellt sich mit dem flexiblen Otar Kiteishvili nicht nur ein Double-Sieger mit Sturm Graz, sondern auch der Spieler der Saison 2023/24 aus der österreichischen Bundesliga.

Immer wieder eingewechselt werden der 23-jährige Anzor Mekvabishvili (Craiova) und der 32-jährige Routinier Nika Kvekveskiri (Lech Posen), dem 60-mal das Vertrauen für Georgien geschenkt wurde. Ergänzend sind das 18-jährige Basel-Talent Gabriel Sigua und WAC-Routinier Sandro Altunashvili dabei.

Das offensive Mittelfeld hat mit Giorgi Chakvetadze einen weiteren talentierten Akteur, der 2018 sogar Georgiens Spieler des Jahres war. Deutschen Fans ist er aus seiner Zeit beim HSV noch ein Begriff, mittlerweile schnürt er seine Fußballschuhe jedoch regelmäßig beim FC Watford. Über Jokereinsätze vertritt ihn Zuriko Davitashvili, der beim französischen Traditionsklub Girondins Bordeaux gesetzt ist.

Angriff

Im Sturmzentrum findet sich der beste Spieler der Dschwarosebni wieder. Khvicha Kvaratskhelia wurde 2023 mit Napoli italienischer Meister, trug dazu mit 25 Scorerpunkten maßgeblich bei, wodurch der dribbelstarke Angreifer liebevoll „Kvaradona“ getauft wurde. Bereits dreimal wurde er zu Georgiens Spieler des Jahres gewählt, das eine oder andere Mal wird für den Star der georgischen Auswahl sicherlich hinzukommen.

Der zweite Stürmer ist Georges Mikautadze, ein weiteres Talent, das beim FC Metz überzeugen konnte und bereits das Interesse von Stade Rennes und der AS Monaco auf sich zog. Für Georgien traf er zehnmal in 25 Spielen, zuletzt gegen Montenegro beim 3:1-Testspieltriumph.

Erster Ersatz ist Budu Zivzivadze, der in selbigem Spiel den Deckel drauf machte und im Playoff-Halbfinale beide Tore gegen Luxemburg erzielte. Für den Karlsruher SC machte er zuletzt 13 Tore. Mit einer Reservistenrolle müssen sich der Ex-Rapidler Giorgi Kvilitaia (APOEL Nikosia), Saba Lobjanidze (Atlanta) und Georgiy Tsitaishvili (Dinamo Butami) begnügen.

Mit Kvaratskhelia verfügt Georgien also über einen absoluten Starspieler, in der Breite ist die Offensive allerdings eher dünn besetzt…

Trainer

Willy Sagnol befindet sich mittlerweile in seinem vierten Jahr bei der georgischen Nationalmannschaft. Mit ihm sicherte sich der Fußballzwerg einen verhältnismäßig guten, vor allem aber „philosophisch“ passenden Trainer. In der abgelaufenen Nations-League-Saison stieg er mit Georgien ungeschlagen in die B-Liga auf, wo man auf Tschechien, die Ukraine und Albanien trifft. Groß anzurechnen ist ihm aber auch die Verbesserung der Strukturen im georgischen Fußball im Allgemeinen, die auch von Verbandspräsident und Ex-Bundesliga-Profi Levan Kobiashvili vorangetrieben werden. Sagnol betreibt also in Georgien echte Pioniersarbeit.

Gesamtbewertung

Gerorgien ist der größte Underdog der gesamten Europameisterschaft. Teile der Mannschaft spielen in kleinen Ligen, vor allem offensiv kann man aber auf Starspieler Kvaratskhelia vertrauen. Durch die defensive Spielweise wird aber auch Keeper Mamardashvili ein Schlüsselakteur der Mannschaft werden, in Deutschland kann er sich auf Top-Niveau präsentieren. Die Dschwarosebni können nur überraschen, ein Vorrundenaus ist das wahrscheinlichste Ergebnis, doch die Mannschaft wird so oder so an ihrer ersten großen Turnierteilnahme wachsen.

Georgien in Gruppe F

Dienstag, 18.6., 18 Uhr | Türkei – Georgien (Dortmund)
Samstag, 22.6., 15 Uhr | Georgien – Tschechien (Hamburg)
Mittwoch, 26.6., 21 Uhr | Georgien – Portugal (Gelsenkirchen)