Teamanalyse: Italien bei der UEFA EURO 2024
Italien fährt als Titelverteidiger nach Deutschland, womit man eigentlich unter den Favoriten sein sollte. Doch der große EM-Triumph von 2021 schien eine Ausnahme gewesen zu sein, denn man schaffte die Qualifikation für die letzten beiden Weltmeisterschaften nicht und muss wieder den Ruf der absoluten Spitzenmannschaft zurückerobern.
Seit September 2023 ist Luciano Spalletti im Amt. Unter ihm verloren Donnarumma und Co. nur ein Match, dennoch waren die ganz großen Gegner nicht dabei. Der frische Wind könnte dennoch Vielversprechendes mit sich bringen.
Torhüter
Weiterhin baut man an der Torhüterposition auf den Helden des letzten EM-Endspiels Gianluigi Donnarumma, der bei Paris Saint-Germain unter Vertrag steht. Hinter ihm bietet sich ein Dreikampf zwischen Guglielmo Vicario (Tottenham), Alex Meret (Napoli) und Ivan Provedel (Lazio), die zwar allesamt gute Torhüter sind, aber gegen den PSG-Star keine Chance haben werden.
Während Letzterer noch keinen Einsatz für die Squadra Azzurra verzeichnen konnte, kommen Vicario und Meret lediglich auf vier Spiele, was die Kontinuität unterstreicht, die man mit Donnarumma durchzieht. Alle drei Ersatzkeeper sind bei ihren jeweiligen Klubs gesetzt, Meret war als einziger jedoch bereits 2021 dabei, wodurch er auch dieses Mal die Nummer zwei gibt.
Donnarumma wurde beim Turnier 2021 zum Spieler des Turniers gewählt, hat aber seitdem ein wenig von seiner „Unbezwingbarkeit“ eingebüßt.
Verteidigung
In seiner Dreier- bzw. Fünferkette setzt Spalletti auf viele Spieler von Meister Inter Mailand: Federico Dimarco, Franco Acerbi, Alessandro Bastoni und Matteo Darmian kennen ein ähnliches Spielsystem bereits von ihrem Klub und sind somit bestens für die Vorstellungen des Coachs gewappnet. Napoli-Kapitän Giovanni Di Lorenzo beackert die rechte Seite.
Mit Riccardo Calafiori ist ein Debütant dabei, der Teil von Bolognas Überraschungsteam ist, das die direkte Qualifikation für die UEFA Champions League schaffte. Von den restlichen Verteidigern ist Gianluca Mancini mit zwölf Einsätzen der erfahrenste, Alessandro Buongiorni, Federico Gatti und Andrea Cambiaso haben nicht mehr als drei Spiele absolviert.
Die Abwehr wird aber vor allem von der Eingespieltheit des Inter-Blocks gestützt – und was Eingespieltheit in italienischen Abwehrblöcken bedeutet, weiß man nicht erst seit gestern.
Mittelfeld
Der beste Zentrumsspieler ist zweifelsohne Nicolo Barella. Sein Inter-Kollege Davide Frattesi ist auch dabei, doch wird neben Barella wohl eher Arsenals Jorginho starten. Dass einer der großen EM-Helden von 2021 wieder für Italien starten wird, kann auch innerhalb der Mannschaft für die gewissen Momente sorgen. Schon beim letzten Turnier zeigte Jorginho, wie gut er mit Druck umgehen kann – unter anderem beim alles entscheidenden Elfmeter…
Überraschend ist die Nominierung von Nicolo Fagioli, der eine monatelange Sperre aufgrund von illegalen Wetten absitzen musste. Als defensive Verbindungsspieler agieren Bryan Cristante und Samuele Ricci, offensiver sind Michael Folorunsho und Lorenzo Pellegrini angesiedelt. Somit ergibt sich ein Mittelfeld mit Klasse, wobei viel von Barella und Jorginho abhängen wird.
Angriff
Der wichtigste Angreifer Italiens wird Federico Chiesa sein, der 2021 essenziell für den EM-Triumph war, mittlerweile aber von Verletzungen etwas ausgebremst wurde. Dennoch wird er aller Voraussicht nach etatmäßig in der Startelf stehen.
Für Physis im Sturmzentrum können sowohl Gianluca Scamacca als auch Mateo Retegui sorgen, wobei Letzterer die Nase vorne zu haben scheint, aber mit Giacomo Raspadori ist auch das Profil einer hängenden Spitze mit dem Auge für zielführende Pässe vertreten, der zudem nicht vor defensiver Antizipation zurückschreckt.
Weiters sind Mattia Zaccagni, Stephan El Shaarawy und Ricardo Orsolini nominiert. Spielt man mit einer Fünferkette, besetzen die Flügelverteidiger die Seiten, wodurch Chiesa und Co. eine zentralere Rolle zufallen wird. Bei einem System mit Viererkette, wie man es zuletzt gegen die Türkei spielte, können sich die Außenspieler aber durchaus die gesamte Breite des Spielfeldes zunutze machen.
Trainer
Luciano Spalletti übernahm Italien 2023, nachdem Roberto Mancini sechs Jahre seine Ideen umsetzte. Der 65-Jährige führte davor Napoli zu einer sensationellen Meisterschaft und hat bei der Squadra Azzurra nun Zugriff auf Italiens beste Spieler.
Sein System ist in der Serie A geläufig, vor allem die Inter-Spieler kennen die Dreier- bzw. Fünferkette, taktisch wird sich aber auch der Rest in Spallettis neu-italienischen Stil leicht einfinden. Wichtig ist für den Trainer nun, dass der Kader sein System schnell implementieren kann – und vor allem in wenigen Spielen „auf den Punkt“.
Gesamtbewertung
Italien hat einige Stars im Team, so zum Beispiel Keeper Donnarumma oder Barella, doch vor allem in der Sturmspitze fehlt der absolute Weltklassespieler. Dieses Loch stopft Mateo Retegui, der 2023 aus Argentinien eingebürgert wurde und bereits bei seinem Debüt traf. Alles in allem verfügt Italien über einen hochwertigen Kader, muss aber vor allem auf einen großen Namen verzichten. Sandro Tonali muss ebenso wie Fagioli eine Sperre aufgrund von unerlaubten Wetten absitzen, die läuft aber erst nach der EM aus.
Italien in Gruppe B
Samstag, 15.6., 21 Uhr | Italien – Albanien (Dortmund)
Donnerstag, 20.6., 21 Uhr | Spanien – Italien (Gelsenkirchen)
Montag, 24.6., 21 Uhr | Kroatien – Italien (Leipzig)