Teamanalyse: Kroatien bei der UEFA EURO 2024
Die Kroaten sind seit einigen Jahren immer wieder für eine Überraschung gut. Seit 2018 holte die Mannschaft von Zlatko Dalic drei Medaillen, die Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft 2018 sowie in der Nations League 2023 sowie die Bronzemedaille bei der WM 2022.
Altmeister Luka Modric und seine Kollegen schlugen dabei große Teams, beispielsweise England, die Niederlande oder Frankreich und befinden sich auf einem hoffnungsvollen Weg in die EURO, die die letzte der „Goldenen Generation“ der Kroaten sein könnte.
Torhüter
Unangefochtener Stammkeeper im Tor ist Fenerbahces Dominik Livakovic. Der 29-jährige verbucht bereits über 50 Einsätze, absolviert seit Jahren quasi jedes Spiel für Kroatien und wird auch bei der Europameisterschaft die Nummer eins sein. Gerade bei Großereignissen wuchs Livakovic immer wieder über sich hinaus und wurde zwischenzeitlich mit den absoluten Top-Klubs Europas in Verbindung gebracht – ein Transfer, etwa zu den Bayern, kam aber nie zustande.
Aus der heimischen Liga kommt Vizemeister und Rijeka-Kapitän Nediljko Labrovic mit, der in 41 Partien der abgelaufenen Spielzeit seinen Kasten 20-mal sauber hielt, während der ebenfalls 29-jährige der Stammtorhüter des zyprischen Pafos FC Ivica Ivusic die Nummer drei gibt.
Ist Livakovic nicht verletzt, führt also kein Weg an ihm vorbei.
Verteidigung
In der kroatischen Abwehr glänzt vor allem einer: Josko Gvardiol. Mit 22 Lenzen wird er beim bevorstehenden Turnier, sowie die nächsten Jahre einen Fixpunkt der Defensive seines Landes bilden. Mit ihm verfügt Kroatien über einen absoluten Weltklasse-Innenverteidiger, der bei Manchester City aber auch schon seine Flexibilität bewies und dabei zeigte, dass er auch als Außenverteidiger Topleistungen abliefern kann. Sein Gegenstück ist der 35-jährige Domagoj Vida, der über 100 Länderspiele auf dem Buckel hat und den eher statischeren Part in der Abwehr abgeben wird.
Ebenfalls zur jüngeren Garde zählen Leverkusens Josip Stanisic (24 Jahre), der alle Abwehrpositionen bekleiden kann, sowie Josip Sutalo (24) im Zentrum. Die Mannschaft ergänzen Sutalo-Teamkollege Borna Sosa links hinten, Josip Juranovic rechts hinten, sowie Marin Pongracic und Martin Erlic zentral. Kroatien hat demnach einen absoluten Klassemann in der Abwehr und auch sonst durchaus Qualität, allerdings Probleme in der Kaderbreite.
Mittelfeld
Für Kapitän und Rekordspieler Luka Modric ist es das letzte große Turnier mit seinem Land. Der mittlerweile 38-Jährige war der Anführer einer ganzen Generation seines Landes und übt diese Rolle auch in Deutschland aus. Von seinen langjährigen Kollegen sind Marcelo Brozovic, Mateo Kovacic und Ivan Perisic im Kader.
Mit dem 21 Jahre alten Luka Sucic ist bereits die Nachfolge des Ballon d’Or-Siegers dabei, im selben Alter befindet sich Martin Baturina (Dinamo Zagreb), der wertvollste Spieler der kroatischen Liga und eine weitere Hoffnung für die Zukunft.
Auch Mario Pasalic, Nikola Vlasic und Lovro Majer verbuchen gemeinsam über 140 Länderspiele, wobei für die drei, die im zentralen beziehungsweise offensiven Mittelfeld agieren können, definitiv noch einige hinzukommen werden.
Das große Herzstück des Teams liegt definitiv im Sechser/Achter-Bereich, wo einige der weltbesten Spieler zum Einsatz kommen können.
Angriff
Gute Stürmer hatte Kroatien schon immer – und das ist auch 2024 nicht anders. Andrej Kramaric von Hoffenheim traf 2023/24 in jedem zweiten Bundesligaspiel und auch Ante Budimir vom spanischen Klub Osasuna schreibt sich etwa bei jedem zweiten Einsatz auf den Spielberichtsbogen. Das Stürmertrio komplettiert Dinamo Zagrebs Bruno Petkovic, der neben dem Toreschießen auch mit seiner physischen Präsenz Bälle festmachen kann und als einer der besten Elfmeterschützen Osteuropas gilt.
Für den Flügel wurde das Rijeka-Duo Marco Pasalic und Marko Pjaca einberufen, beide absolvierten knapp drei Viertel aller Spiele für den kroatischen Vizemeister. Der wertvollste Angreifer ist jedoch Feyenoord-Legionär Luka Ivanusec, der in den Niederlanden zwar nur gelegentlich zum Zug kommt, für Kroatien seit letztem Jahr aber immer wieder nominiert wird und beide Flügelpositionen sowie das offensive Mittelfeld besetzen kann.
Nichts desto trotz fehlen hier aktuell Spieler vom Format eines Mario Mandzukic – oder gar früher Davor Suker…
Trainer
Seit mittlerweile sieben Jahren ist Zlatko Dalic im Amt und konnte dabei eine Achse an Spielern formen, die den kroatischen Fans eine erfolgreiche Zeit bescherte. Dabei ist das Mittelfeldtrio Modric-Brozovic-Kovacic zu nennen. Mit seiner autoritären, aber kommunikativen Art holt er seit Jahren das Beste aus seinen Spielern heraus und hat mit Modric im Grunde einen verlängerten Arm auf dem Platz.
Die EM 2024 wird wohl das letzte Turnier seiner goldenen Generation werden, wodurch ein Umbruch nötig wird. Ob er diesen schafft, wird sich zeigen. In seiner Heimat ist er aber ohnehin bereits ein Volksheld und er zeigte in der Vergangenheit, dass er diese kroatische Truppe richtig anpacken und die letzten Prozente aus ihr herauskitzeln kann.
Gesamtbewertung
Die kroatische Mannschaft hat mit Gruppe B eine „Todesgruppe“ erwischt, wobei in der Defensive ein Verteidiger mit Weltklasseniveau, wie es England-Legionär Josko Gvardiol einer ist, von Nöten sein wird.
Mit Duje Caleta-Car hätte man einen weiteren robusten Spieler für die Abwehr nominieren können, Dalic verzichtet aber auf den Lyon-Spieler. Ob sich diese Entscheidung als richtig herausstellt, wird sich zeigen, haben die Kroaten doch in der Breite durchaus qualitative Probleme. Die Kroaten werden schließlich auch auf gute Matchverläufe und eine entsprechende Tagesform hoffen müssen, um in ihren ersten drei Spielen zu bestehen. Mit Spanien und Italien gibt es tatsächlich – mal wieder – Hammergegner, die überwunden werden müssen…
Kroatien in Gruppe B
Samstag, 15.6., 18 Uhr | Spanien – Kroatien (Berlin)
Mittwoch, 19.6., 15 Uhr | Kroatien – Albanien (Hamburg)
Montag, 24.6., 21 Uhr | Kroatien – Italien (Leipzig)