Wenn der Druck zu groß wird – die dunkle Seite im Profisport
Das Interview des früheren deutschen Nationalspielers und derzeitigen Arsenal-Kapitäns Per Mertesacker über unbekannte Einblicke in die Härten seines Jobs und den Druck im Fußballbusiness hat in den letzten Wochen ziemliches Aufsehen erregt. Mertesacker sagt darin, dass die Anspannung vor Spielbeginn für ihn kaum ertragbar war und Magenschmerzen, Durchfall und Brechreiz die Normalität waren.
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Bevor er im Mai seine Karriere beim FC Arsenal beendet, möchte er für die nachfolgenden Generationen etwas hinterlassen. Er will mit falschen Annahmen aufräumen und aufzeigen, was es bedeutet den Job als Fußballprofi zu leben: unglaublichen Druck auszuhalten, gefangen sein in einem kontinuierlichen Diktat aus Training und Spielen und dabei immer nur auf Leistung reduziert zu werden. Als zukünftiger Nachwuchsakademie-Leiter von Arsenal will er das System angreifen und den Kids den Blick schärfen.
Wenn der Körper um Hilfe schreit
In seiner Zeit als Profi hat sein Körper mindestens einmal im Jahr gestreikt. Er führt das auf die hohe mentale Belastung zurück, mit der er nicht umgehen konnte. So sagte Mertesacker: „Wenn ich nicht mehr konnte, war ich verletzt, so war es immer. Ich behaupte sogar, dass viele wiederkehrende Verletzungen psychisch bedingt sind. Dass der Körper der Seele zu Ruhe verhilft. Aber das hinterfragt niemand.“
Angst den Psychologen in Anspruch zu nehmen
Im Jahr 2006, nach seinem Wechsel von Hannover 96 zu Werder Bremen trifft er erstmals auf den Mannschaftspsychologen von Werder. Martesacker gibt aber zu, dass er das Angebot nie wahrgenommen hat. So sagt er zum Beispiel: „Wenn er (der Psychologe) uns angesprochen hat, haben alle eigentlich immer nach dem Motto reagiert: „Ich hab nichts, mir geht es gut, bleib weg von mir.“ Die Angst, seine Dienste in Anspruch zu nehmen, hätten damals viele als Schwäche aufgefasst.
Depressionen im Profisport
In einer Studie der FIFPro-Spielergewerkschaft (https://www.fifpro.org/en/) aus elf Ländern, litten 38 Prozent von 607 aktiven Profis unter Depressionen und Angstzuständen. Der Fipro-Report zeigt auch, dass mentale Erkrankungen unter Fußballern weiter verbreitet seien als in anderen Gruppen. Leider werden psychische Erkrankungen in der heutigen Zeit noch immer tabuisiert, sowohl im Alltag als auch im Spitzensport.
Hier müssen Vereine Maßnahmen setzen und einerseits das Thema offen und ehrlich ansprechen und andererseits den Spielern mentale Unterstützung anbieten. Viele Vereinsverantwortliche unterliegen dem Irrglauben, wenn ein Spieler bereits in der höchsten Liga spielt, dann ist professionelle mentale Unterstützung nicht mehr notwendig.
Der erfolgreichste österreichische Olympiateilnehmer, Felix Gottwald sagte einmal: „Ich bin überzeugt, dass manchen nicht bewusst ist, was im mentalen Bereich alles möglich ist.“ Und Gottwald hat bewiesen, welche Erfolge er mithilfe von mentalem Training erreicht hat.
Mentales Training schon in der Jungendarbeit
Es ist an der Zeit, dass Vereine mentales Training vor allem schon in der Jugendarbeit anbieten, um den SpielerInnen mentale Werkzeuge in die Hand zu geben, um mit Druck und Stress besser umgehen zu können. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte Per Mertesacker seine Zeit als Profi viel mehr genießen können, hätte er schon als Jugendlicher mentale Techniken kennengelernt.
Öffentlicher Erfolgsdruck
Für „normal Sterbliche“ ist es oft nicht nachvollziehbar, welchem Erfolgsdruck Spieler und Trainer in den höchsten Ligen ausgesetzt sind. Bei jedem Spiel erwarten Fans und Medien eine absolute Topleistung. Egal ob ein Spieler vom letzen Spiel noch angeschlagen ist oder private Probleme hat, er muss einfach nur abliefern.
Auch die Art und Weise der Fan-Äußerungen im Stadion und in den sozialen Medien sowie die öffentliche Berichterstattung kann Spieler psychisch ziemlich belasten. Erfolgreiche Vereine haben erkannt, dass eine langfristige mentale/psychologische Betreuung fixer Bestandteil
des Trainingskonzeptes ist.
Ich bin zuversichtlich, dass das Bewusstsein für die mentale Komponente in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. Sowohl für die Vereine als auch für jeden einzelnen Spieler.
Be strong,
Wolfgang
Wolfgang Seidl, ist selbstständiger akademischer Mentalcoach und HeartMath® Coach mit einer Praxis in Wien und in der Süd/Ost-Steiermark. Er bringt langjährige Wirtschafts-Erfahrung mit, war selbst erfolgreicher Leistungssportler (unter anderem viertbester Österreich beim Ironman Hawaii 2012) und ist heute Mentalcoach von Einzelsportlern, stressgeplagten Menschen, Mannschaften und Unternehmen. Der Schwerpunkt seiner Arbeit mit Fußball liegt einerseits in der mentalen Betreuung von SpielerInnen sowie im mentalen Coaching und in der mentalen Beratung von Fußballmannschaften.
MANA4YOU
Wolfgang Seidl, MBA
Akademischer Mentalcoach
Dipl. Lebens- und Sozialberater
HeartMath Coach®
Mentalcoach von IRONMAN Austria und von erfolgreichen SportlerInnen
mind@mana4you.at
www.mana4you.at
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