Eine unglückliche Niederlage, die Hoffnung macht
„Burschen, wir sind stolz auf euch!“
Das österreichischen Nationalteam hat gestern eine großartige Leistung abgeliefert, aber dennoch gegen Deutschland mit 1:2 verloren. Die Art und Weise, wie das Team jedoch aufgetreten ist, macht uns nicht nur sehr stolz, sondern nährt auch – berechtigt – die Hoffnungen, sich für die WM 2014 in Brasilien zu qualifizieren. Nicht nur die heimischen Medien honorieren die Leistung, auch in den sonst recht selbstbewußten deutschen Medien wird der Leistung der Österreicher durchwegs großer Respekt gezollt.
Die „Bild“ titelt „Jogi, dieser Sieg schmeckt bitter – Rumpel-Fußball und viel Dusel“ und das Fachmagazin „kicker“ fasst das Spiel unter der Überschrift „Özil sichert schmeichelhaften Sieg in Wien„. Die „Süddeutsche Zeitung“ spricht sogar von einem Sieg „Unter Augenhöhe„.
Nichts desto trotz gilt es jetzt, die Köpfe nicht hängen zu lassen, sondern die vielen positiven Aspekte dieses Spiels für die anstehenden Aufgaben mitzunehmen. Das erklärte Ziel muss sein, nach dem Länderspiel-Doppel gegen Kasachstan (12.10. auswärts, 16.10. daheim) sechs Punkte am Qualifikations-Konto zu haben.
Das sechste Länderspiel unter Teamchef Marcel Koller
Kontrahenten: Österreich 1 : 2 Deutschland
Spieltag: 11. September 2012
Anpfiff: 20.30 Uhr MEZ
Spielort: Wien
Zuschauer: 47.500
Aufstellung Österreich:
Almer; Garics, Prödl, Pogatetz, Fuchs; Baumgartlinger, Kavlak; Arnautovic, Junuzovic, Ivanschitz; Harnik
Aufstellung Deutschland:
Neuer; Lahm, Hummels, Badstuber, Schmelzer; Khedira, Kroos; Müller, Özil, Reus; Klose
Torfolge:
0:1 Reus (44.)
0:2 Özil (52./Foulelfmeter)
1:2 Junuzovic (57.)
Zitat Marcel Koller: „Aber wie die Spieler versucht haben, alles umzusetzen, diesen Weg müssen wir weiter gehen.“ Genau das trifft es auf den Punkt. Österreich hat aus diversen Gründen heute leider keine Punkte im Wettkampf um einen Platz bei der Weltmeisterschaft in Brasilien gemacht, aber dennoch ist dieses Spiel mehr als positiv zu werten. Die Spieler waren bis zum Ende diszipliniert, konzentriert und engagiert und genau diese Tugenden ermöglichten auch bis zum Schlusspfiff die Niederlage abwenden zu können. Es gelang leider nicht, aber der Kopf ist keineswegs in den Sand zu stecken. Ganz im Gegenteil – auf diese Art und Weise ist es nicht im Geringsten notwendig sich vor den kommenden Gegnern zu fürchten oder kleinzureden. Nein, es muss und wird auf Sieg gespielt werden. Die Zuversicht, fußend auf realistischer Betrachtung der Spielstärke des ÖFB Teams, ist also groß, dass eine Teilnahme an einem großen Turnier nicht nur Hirngespinst ist.
Schon den ganzen Tag haben wir auf dieses Spiel gewartet und die Anspannung wurde von Minute zu Minute größer. Dann endlich das Zusammenkommen zum gemeinsamen Schauen des Spiels. Mit dem Singen der Hymnen steigerte sich nochmals der Adrenalinausstoß. Es ist halt doch immer wieder etwas Besonderes gegen Deutschland zu spielen. Und diesmal sogar mit der berechtigten Erwartung, trotz des Daseins als Underdog, das Spiel nicht unbedingt verlieren zu müssen. Gut, von dieser Einstellung sind wir sowieso weit entfernt – sich kleiner zu reden als man ist, bringt ja auch nichts.
Und wir wurden keineswegs enttäuscht. In den ersten 15 bis 20 Minuten war laut Einblendung zwar die deutsche Mannschaft mehr in Ballbesitz, angefühlt hat es sich aber ganz anders. Österreich machte Druck und hatte auch schon gleich in der vierten Minute die erste große Chance auf den Führungstreffer durch Martin Harnik. Ein paar Minuten später setzte er den Ball knapp neben die Stange. Dasselbe gelang leider Andreas Ivanschitz in der 15. Minute. Nun flaute das Anfangsfurioso der Österreicher etwas ab, und auch die Deutschen hatten ihre Chancen. Torhüter Robert Almer konnte diese aber allesamt vereiteln. Nicht unerwähnt sollten aber dennoch seine beiden Schnitzer bei Rückpässen bleiben. Ein Zusammenspiel ausNervosität und einem durch Bodenunebenheiten verspringenden Ball führten zu Hochkarätern für das DFB Team. Robert Almer bringt also seine Leistung, hier gibt es nicht allzuviel zu bekriteln, aber nichts desto trotz bleibt die Position des Torhüters wohl diese, die am ehesten diskussionswürdig ist.
Während der ganzen ersten Hälfte war zu bemerken, dass Österreich die Räume für das deutsche Team sehr eng machte. Es war tatsächlich das von Joachim Löw angekündigte Spiel auf Augenhöhe. Sicher hatte auch das Publikum seinen Anteil daran. Die mehr als 47.000 Fans zauberten eine lässige Atmosphäre ins Prateroval; an dieser Stelle also ein großes Lob an alle Stadionbesucher, weil sie unser Team bis zuletzt unterstützt haben. Auch als Österreich im Rückstand war, gab es Anfeuerungen von den Tribünen.
Leider fing sich Österreich kurz vor Pausenpfiff noch ein Gegentor ein. Eines das irgendwie gar nicht zum Spiel passte. Es war zu billig; dennoch muss man sagen, dass solche Fehler auf diesem Niveau nicht passieren dürfen. Ausgangspunkt war ein Abspielfehler im Mittelfeld und dann ging es sehr schnell bis Marco Reus den Ball hinter Almer im Tor versenkte. Nach der Pause gleich die nächste
kalte Dusche. Veli Kavlak räumte im Strafraum Thomas Müller weg. Diese Situation allein bewertend, war es ein glasklarer Elfmeter, der auch verhängt wurde und dann das 0:2 bedeutete. Soweit hätte es aber nicht kommen dürfen, da Müller den Ball aus einer vorangehenden Abseitsposition zugespielt bekam, die vom durchaus als sehr schwach zu bezeichnenden Schiedsrichtergespann aus Holland nicht geahndet wurde.
Doch eine neugefundene Tugend der Österreicher trat wieder zu Tage, das Kämpferherz. Nur fünf Minuten später konnte Zlatko Junuzovic einen Idealpass von Marco Arnautovic zum Anschlusstreffer nützen. Das Stadion bebte wieder. Und es war richtig zu fühlen, dass es noch nicht alles für den Abend sein würde. Die nächsten Minuten waren wieder von starken Pressing des österreichischen
Teams geprägt, leider noch nicht zielführend. Danach, vielleicht ab Minute 70 flaute das Spiel wieder ein wenig ab, von Deutschland war auch nicht mehr viel zu sehen. Sie wollten offenbar das Resultat nur noch nach Hause spielen, immerhin bedeutet es ja die drei eingeplanten Punkte.
Doch dann die 87. Minute: der eingewechselte Jantscher (er kam für Ivanschitz, der eine sehr gute Leistung brachte) setze sich an der linken Seite durch und brachte den Ball grandios an Manuel Neuer vorbei vor die Füße Arnautovic‘. Der hatte also den Ball zum mehr als verdienten Ausgleich auf den Füßen, vergab aber aus kürzester Distanz leider kläglich.
Summa summarum ein beherztes aber in Punkten unbelohntes Spiel der Österreicher. Belohnt wurden sie hingegen mit Respekt des Publikums, das immer hinter der Mannschaft stand, und genauso mit Respekt des Gegners, der sowohl während des Spiels zu sehen war als auch danach in den Interviews zu hören war. In dieser Form ist der zweite Platz in der Qualifikationsgruppe also sehr realistisch. Es darf nur keinen Leistungsabfall geben und das Team muss auch gegen Mannschaften, die nicht Deutschland heißen, denselben Einsatz bringen und genauso beherzt und diszipliniert zu Werke gehen. Dann ist alles möglich!
Unsere Topspieler des Abends
1. Zlatko Junuzovic
2. Julian Baumgartlinger
3. Marco Arnautovic
Unsere Flops des Abends
1. Das Schiedsricherteam aus den Niederlanden (Kroos hätte mehr als einmal gelb verdient, Eckbälle für Österreich wurden übersehen, das Abseits vorm Elfmeter nicht gesehen und nicht gegeben, dafür zweimal Österreich unrichtigerweise wegen Abseits zurückgepfiffen)
2. György Garics, der heute deutlich unter der Leistung seiner Kollegen spielte
3. Die sensationell unprofessionellen Tweets von Spox.com
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(Autor: newton)