Frauenfußball

Jasmin Eder im Interview – „Wir müssen viel mehr Mädels zum Fußballspielen bringen!“

Wenn in diesem Juli die Europameisterschaft der Frauen in den Niederlanden über die Bühne geht, wird das österreichische Nationalteam zum ersten Mal bei einer Endrunde antreten. Mit im Team dabei sein wird aller Voraussicht nach auch die 29-fache Teamspielerin Jasmin Eder. Die 24-jährige Wienerin spielt seit vier Jahren in der österreichischen Bundesliga beim SKN St. Pölten und feierte erst vor ein paar Wochen den dritten Meistertitel in Folge mit den Wölfinnen. Davor war sie in Deutschland, unter anderem beim FC Bayern München, aktiv. Wir haben die Mittelfeldspielerin zum Interview gebeten.

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Jasmin, danke dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, um mit uns ein Interview zu führen. Anfang letzten Jahres haben wir dich ja in einem Portrait mit deiner Kollegin Sarah Wronski bereits kennengelernt, jetzt freuen wir uns mehr von dir zu erfahren.

 

Du bist ja vor kurzem österreichischer Frauen-Fußballmeister mit dem SKN St. Pölten geworden. Wie groß war bei euch die Freude nach dem dritten Titel in Folge? 

Groß. Eine Meisterschaft zu gewinnen ist immer wieder etwas Besonderes.

Die UEFA Women’s Champions League wartet nun in der nächsten Saison als Belohnung auf euch. Was erhofft ihr euch in der Königinnenklasse und was ist realistisch gesehen für euch dort möglich?

Das ist im Moment noch schwer zu sagen. Wir haben die Qualität in der Mannschaft, international mitspielen zu können. Eine Runde weiter zu kommen, wäre ein großer Erfolg! Natürlich spielt das Los aber auch eine entscheidende Rolle.

Die Liga ist […] leider kaum konkurrenzfähig. Das ist sehr traurig […] da muss einiges getan werden!

Du spielst ja seit vier Jahren wieder in Österreich. Wie hat sich die heimische Bundesliga in dieser Zeit entwickelt? Gab es Fortschritte in sportlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht?

Ich bin sehr froh seit vier Jahren ein Teil von St. Pölten zu sein. Im Verein hat sich in dieser Zeit einiges getan und von Jahr zu Jahr weiterentwickelt. Wir haben glücklicherweise, vor allem im nationalen Vergleich gesehen, einen sehr engagierten Hauptsponsor mit Simacek sowie sehr gute Bedingungen. Das empfinde ich als sehr positiv und weiß es auch sehr zu schätzen. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass sonst leider in fast keinem anderen Verein in Österreich so gearbeitet werden kann. Viele Vereine kämpfen teilweise um ihre Existenz. Die Liga ist aufgrund dessen leider kaum konkurrenzfähig. Das ist sehr traurig und ich finde, da muss einiges getan werden!

Vor deinem Engagement in St. Pölten warst du vier Jahre in Deutschland tätig. Was hast du aus deiner Zeit im Land der achtmaligen Europameisterinnen sportlich und charakterlich mitnehmen können?

So einiges. Es war eine sehr lehrreiche Zeit für mich, die mich sportlich als auch menschlich sehr geprägt und gefordert hat. Meine wichtigste Erkenntnis war, dass es eine Menge an harter Arbeit und Disziplin erfordert, wenn man weiterkommen will. Ganz wichtig ist aber auch, dass man sich selbst treu bleibt und nie den Spaß am Spiel vergisst!

Besteht für dich noch einmal der Wunsch ins Ausland zu wechseln? Könntest du in einer anderen Liga dein Potential noch weiter ausschöpfen? Auch in Hinblick für die weitere Nationalteam-Karriere könnte das von Bedeutung sein.

Ich fühle mich in meiner Rolle beim SKN momentan sehr wohl. Wie vorhin erwähnt, habe ich hier die Möglichkeit unter Top-Bedingungen zu trainieren. Ich war immer schon ein sehr ehrgeiziger Mensch und will mich – sportlich wie auch menschlich – stets weiterentwickeln. Da wäre ein anderes Land und eine andere Liga bestimmt auch eine sehr gute Möglichkeit. Deswegen bleibe ich stets offen für Neues.

Als Endrunden-Neuling sind wir […] klarer Underdog.

Kommen wir gleich zum Thema „Nationalteam“. In zwei Monaten beginnt die mit Spannung erwartete Europameisterschaft in den Niederlanden und Österreich ist erstmals dabei. Was sind eure Erwartungen und Ziele für die Endrunde?

Als Endrunden-Neuling sind wir unter Frankreich, Island und der Schweiz klarer Underdog. Wir haben interne Performance-Ziele, die wir erreichen wollen. Unser Ziel ist es, mit guten Leistungen zu überzeugen.

Was waren deiner Meinung nach die Gründe für die erfolgreiche Qualifikation? Welche Erinnerungen sind dir während der Quali am stärksten hängengeblieben?

Die harte Arbeit des gesamten Teams, die Bemühungen, jedes noch so kleine Detail auszumerzen, unser Wille genau das umzusetzen sowie der Zusammenhalt und Spirit dieser Mannschaft. Man liest das oft, es wirkt schon oft wie eine Floskel, aber diese Mannschaft hat so viel Herz! Genau deswegen sind wir da, wo wir sind.

Eigentlich keine einzelnen Momente, einfach das Gesamtpaket. Diese unglaubliche Zeit mit den Mädels und die Tatsache mit dem gesamten Team etwas erreicht zu haben, was uns niemand zugetraut hätte.

Für euch ist die EURO bestimmt ein großes Highlight. Spürt ihr die Euphorie auch bei Fans und Medien, oder ist die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit immer noch geringer als die Erfolge es sich verdient hätten?

Ja, absolut. Damit geht ein Traum in Erfüllung. Das gesteigerte mediale Interesse ist deutlich spürbar und das freut uns. Unser Fokus bleibt aber bei uns und auf unseren Leistungen. Alles andere ist ein schönes Zuckerl.

Es wurde von da an viel professioneller gearbeitet und alle Mädels haben voll mitgezogen.

Du hast dein Debüt ja schon mit 18 Jahren gegeben und bist seit 2011 Bestandteil des ÖFB-Teams. Was sind deiner Meinung nach die Gründe für die hervorragende Entwicklung des Nationalteams?

Als der Trainer [Anm.d.Red.: Dominik Thalhammer] zur Mannschaft dazu gestoßen ist, hat er einen großen Umschwung mitgebracht. Es wurde von da an viel professioneller gearbeitet und alle Mädels haben voll mitgezogen. Wir arbeiten wirklich akribisch daran, uns weiterzuentwickeln und ich glaube, dass diese Detailarbeit aller Beteiligten viel damit zu tun hat.

Wie kann man das Gefühl beschreiben zu den besten Fußballspielerinnen des Landes zu gehören und jedes Mal das österreichische Teamdress tragen zu dürfen?

Ich bin sehr stolz darauf und arbeite jeden Tag an mir, hier dazu zu gehören.

Wie siehst du deine Rolle im Nationalteam und beim SKN? Wo liegen für dich deine Stärken auf dem Spielfeld und in welchen Bereichen würdest du dich noch gerne verbessern?

Beim Nationalteam bin ich meistens Ergänzungsspielerin und komme von der Bank. Beim SKN trage ich die Kapitänsschleife und gehöre mittlerweile schon zu den erfahrenen Spielerinnen. Sportlich wie auch menschlich versuche ich mich in beiden Teams mit vollem Engagement einzubringen und immer alles was ich habe zu geben. Ich denke, dass mir die Rolle als 6er gut passt. Ich wurde technisch/taktisch gut geschult und bringe Spielverständnis mit. Meine Stärke ist es, die Bälle zu verteilen und das Spiel zu lesen. Ich will allgemein noch mehr Akzente setzen.

Uns würde interessieren wie der Tagesablauf im Verein aussieht. Wie oft und wann trainiert ihr während der Woche? Machst du zusätzlich auch individuelles Training?

In der Regel trainieren wir mit der Mannschaft sechs Mal die Woche. Montags ist meist regenerativ, Dienstags und Donnerstags trainieren wir je zwei mal im technisch-taktischen Bereich und Freitag einmal. Individuell trainiere ich meistens jeden Tag noch extra.

Hattest du in deiner Karriere bislang mit Verletzungen zu kämpfen?

In meiner Anfangszeit in Deutschland hatte ich immer wieder mal leichte Knieprobleme. Ansonsten kann ich von Glück sprechen, bislang verschont geblieben zu sein (auf Holz klopf!).

Gehst du neben dem Fußball auch einer anderen Tätigkeit oder Ausbildung nach? Muss man als Fußballspielerin schon frühzeitig für die Zeit nach der Karriere vorsorgen?

Ja, natürlich. Ich habe nach meiner Matura ein Studium und eine Ausbildung abgeschlossen und betreue zur Zeit nebenbei noch Kinder. Man muss sich einfach auf das Leben nach der aktiven Karriere vorbereiten, da niemand von uns so viel verdient, dass man bis ins hohe Alter davon leben könnte. Unterstützt werde ich dabei von der KADA, einer Organisation, die SportlerInnen bei der Planung der Karriere nach dem aktiven Sportlerleben zur Seite steht.

Wir müssen viel mehr Mädels zum Fußballspielen bringen!

Wie wichtig ist für euch die Selbstvermarktung, zum Beispiel die Präsenz in sozialen Medien oder die Suche nach Sponsoren? Gibt es überhaupt die Möglichkeit an gute Werbeverträge zu kommen?

Ich denke, dass mittlerweile auch als Fußballerin einiges möglich ist, um an Werbeverträge oder sonstige „Goodies“ zu kommen. Die Selbstvermarktung empfinde ich aber nicht nur deswegen als positiv, sondern auch um vielleicht ein paar junge Mädels zu erreichen, die dann auch anfangen zu spielen. Wir müssen viel mehr Mädels zum Fußballspielen bringen!

Wie kam es dazu, dass du Fußballspielerin wurdest? Gab es schon in deiner Kindheit diesen Wunsch oder hat es sich einfach ergeben?

Ich habe schon im Kindergarten lieber mit den Burschen draußen gekickt als sonst irgendetwas zu machen. Das hat sich dann so durch meine Kindheit und Jugend gezogen. Dadurch hat sich alles so ergeben.

Hattest du bei der Ausübung dieses Sports schon mit Vorurteilen zu kämpfen oder war das Klischee „Fußball ist Männersport“ niemals ein Thema in deiner Karriere?

Doch, schon oft. Als ich noch klein war, wollte mich ein Burschen-Verein zum Beispiel nicht einmal mittrainieren lassen, weil sie befürchteten, dass ich beim ersten Regentropfen oder Körperkontakt weinend in die Kabine rennen würde. Das war am Anfang schon komisch. Meine Eltern haben mir da immer sehr geholfen, zu lernen, damit umzugehen. Somit habe ich mich nicht unterkriegen lassen. Im Gegenteil, es hat mir Spaß gemacht viele vom Gegenteil zu überzeugen.

Sich selbst treu zu bleiben, Mut zu haben und die richtige Balance zwischen Disziplin und Spaß zu finden, ist für mich entscheidend.

Glaubst du, dass du ein Vorbild für viele Fußballerinnen sein kannst? Was würdest du jungen Mädchen raten, die mit dem Fußball beginnen wollen und später eine Karriere planen, raten?

Ich denke, dass jeder in irgendeiner Weise ein Vorbild sein kann. Jeder hat seine Geschichte und Erfahrungen. Wenn meine jemandem in irgendeiner Form helfen, freut mich das.
Mein Vorbild verkörpert zum Beispiel keine einzelne Person. Ich picke mir Dinge, die ich bewundernswert finde von den verschiedensten Menschen heraus und nehme sie mir als Ziel.

Außerdem bin ich der Meinung, dass man keinen „Pauschal-Ratschlag“ aussprechen kann. Jeder ist anders und sollte für sich herausfinden und wissen, was man will und wo man hin will. Sich selbst treu zu bleiben, Mut zu haben und die richtige Balance zwischen Disziplin und Spaß zu finden, ist für mich entscheidend.

Was sind deine persönlichen Ziele während und nach der Sportlerlaufbahn?

Ich will solange es möglich ist, glücklich, verletzungsfrei und auf hohem Niveau das machen können, was ich liebe. Der Rest ergibt sich von selbst.

 

Jasmin, ich danke dir für deine Zeit und deine Antworten. Für deine weitere Zukunft wünsche ich dir im Namen der gesamten Redaktion alles Gute und viel Erfolg!

Vielen Dank! Danke für euer Interesse und euch auch alles Gute!

 

(Das Interview wurde geführt von Edvin Bufi.)

 

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Edvin Gruber

Edvin GRUBER (Redaktionsleitung/Grafik/Fanwear-Design) Bei 12terMann seit: 07/2015 M: edvin.bufi@12terMann.at T: @ediman_b

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