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Wuchtel-Ecke: “Ich spiel dann jetzt” – Günter Netzers goldrichtige Ansage

Das DFB-Pokalfinale 1973 war an Dramatik kaum zu überbieten. Es enthielt nicht nur das prestigeträchtige Derby zwischen den Topteams Borussia Mönchengladbach und 1.FC Köln, sondern lieferte auch einen bis heute unvergessenen Spielverlauf. Nach 90 ausgeglichenen Minuten kam es zu einer Verlängerung. Was danach folgte, ist den meisten unter dem Zitat “als Günter Netzer sich selbst einwechselte” bakannt.

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Nachdem die beiden Mannschaften die Bundesliga-Spielzeit mit verschiedenen Gefühlswelten verlassen hatten, Köln wurde hinter Bayern München Vizemeister und Mönchengladbach schlug sich als Fünfter klar unter dem eigenen Wert, diente das Endspiel als krönender Schlussakt einer packenden Saison. Das Derby zwischen dem “Effzeh” und den “Fohlen” war in den 70ern ein echter Klassiker. Beide Teams hatten Spieler von Weltformat in ihren Reihen. Jupp Heynckes war beispielsweise noch ein junger Hüpfer und einer der torgefährlichsten Stürmer der Welt. Es waren Zeiten, als bis auf den Dänen Henning Jensen ausschließlich Deutsche in den beiden Startaufstellungen standen.

Im ausverkauften Rheinstadion in Düsseldorf, kurioserweise ein weiterer Rivale der beiden Teams, schenkten sich die Finalisten nichts. Herbert Wimmer brachte die damals als “Fohlen-Elf” bekannten Gladbacher nach 24.Minuten in Führung, ehe Kölns Herbert Neumann kurz vor der Halbzeit den Ausgleich erzielte. Heynckes versetzte die erfolgsverwöhnten Gladbach-Fans in der 58.Minute in Schockstarre, als er mit einem Strafstoß an Effzeh-Keeper Gerhard Welz scheiterte. So kam es nach einem torlosen zweiten Durchgang zur Verlängerung. Und natürlich zu Günter Netzers großer Auftritt.

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Der 29-jährige Mittelfeldstar, der Mönchengladbach 1970 und 1971 zu zwei der insgesamt fünf Meisterschaften in den 70er-Jahren verhalf, hatte zum Unmut der Vereinsbosse seinen Wechsel zu Real Madrid mit Anfang der nächsten Saison bekanntgegeben. Aus diesem Grund musste Netzer anfangs auf der Bank Platz nehmen. In der Halbzeitpause weigerte er sich bewusst, eingewechselt zu werden. So saß er die gesamten 90 Minuten der regulären Spielzeit auf der Bank. Nachdem sich alle Funktionäre und Beteiligten auf dem Spielfeld versammelten, um die Taktik für die Verlängerung zu besprechen, nahm sich Netzer ein Herz und ließ Trainer Hennes Weisweiler wissen, dass er ab jetzt spielen würde. Dafür reichte die lapidare Aussage “Ich spiel dann jetzt”. Vier Minuten später passierte es: Netzer nahm Mitspieler Berti Vogts den Ball vom Fuß, setzte zum Dribbling an und spielte zu Rainer Bonhof weiter. Nach einem schnellen Doppelpass stand Netzer plötzlich frei vor dem Kölner Tor. Ein simpler Schupfer hätte wohl gereicht, um den Ball ins Netz zu bugsieren. Netzer entschied sich aber für die komplizierteste Variante, indem er mit dem Außenrist abschloss. Zu allem Überfluss traf er die Kugel dabei nicht einmal richtig. Diese fand dennoch den Weg ins Tor, kitschigerweise sogar ins Kreuzeck. Damit war der Endstand besiegelt und Mönchengladbach rettete eine enttäuschende Saison mit dem Pokalsieg. Günter Netzer bleibt mit dieser Aktion bis heute in den Köpfen aller Fußballfans. Zu einem weiteren Engagement bei den Fohlen sollte es danach übrigens weder als Spieler noch in einer anderen Funktion jemals wieder kommen.

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