Interview mit Andreas Dober
Der nette Bad Boy mit dem grün-weißen Herz
Andreas Dober schaffte im Jahr 2005 binnen weniger Monate den Sprung vom Zweitligisten Altach ins ÖFB-Nationalteam. Mit dem SK Rapid Wien war er zweifacher Meister, Champions League-Teilnehmer und Teil des Teams, das zwei Mal hintereinander Aston Villa in der Europa League-Qualifikation hinauswarf. Heute spielt er beim SKN St. Pölten und hat uns in einem sehr persönlichen und sympathischen Interview von seinen emotionalsten Momenten, seinen größten Rückschlägen und seinen Zielen für die Zukunft erzählt.
12terMann: Danke Andi, dass du dir für ein Interview mit 12terMann Zeit genommen hast. Wir sind ja erstmals im Rahmen der Weihnachts-Charity in Kontakt getreten, als du dich spontan bereit erklärt hast, uns für die eBay-Auktion Fußballschuhe zu spenden. Hast du 12terMann schon vorher gekannt?
Andi Dober: Ich habe von 12terMann bis zur Weihnachts-Charity zwar noch nichts gehört, habe aber anschließend ein wenig recherchiert und bin seitdem ein regelmäßiger Leser eurer Berichte.
Trotz zahlreicher Stationen verbindet man mit dem Namen Andi Dober in erster Linie den SK Rapid Wien. 178 Pflichtspiele hast du für die grün-weißen bestritten, davon 32 internationale Einsätze. Wie sehr bist du den Hütteldorfern noch verbunden.
Jeder weiß, dass Rapid mein Herzensverein ist und ich fast alle Spiele verfolge – natürlich auch das letzte Derby, das leider nicht so glücklich verlaufen ist. Ich habe auch noch regelmäßig Kontakt mit einigen Spielern, unter andem mit Steffen Hofmann aber auch Raimund Hedl, den ich als meinen „Ziehvater“ bezeichnen kann, treffe ich noch häufig.
Mit 18 Jahren hast du unter Josef Hickersberger im Derby gegen die Wiener Austria dein Bundesliga-Debüt gefeiert und gleich mit dem ersten Ballkontakt einen Scorerpunkt verbucht. Mit 19 Jahren hast du bereits Champions League gegen den FC Bayern, Juventus Turin und Brügge gespielt. Realisiert man in so jungen Jahren überhaupt diese Erfolge?
In diesem Moment realisiert man das überhaupt nicht, weil das bei mir zu dieser Zeit alles wahnsinnig schnell gegangen ist. Ich war drei, vier Monate zuvor noch bei Altach in der 2. Liga und habe dort Erfahrungen und Spielpraxis gesammelt. Und plötzlich habe ich gegen den FC Bayern und im Nationalteam gegen England im Old Trafford gespielt – das war von Null auf Hundert in kürzester Zeit.
In deine Zeit beim SK Rapid fallen auch die legendären Duelle mit Aston Villa oder der 3:0-Sieg über den HSV, wo du allerdings nicht im Kader warst. Wie hast du als Spieler diese Highlights erlebt? Kann man sagen, dass das die emotionalsten Momente deiner Karriere waren?
Die Qualifikation für die Champions League gegen Lok Moskau und das Weiterkommen gegen Aston Villa waren natürlich sensationell. Vor allem das zweite Mal, als wir gegen Villa auswärts 3:2-gewonnen haben, war ein Riesen-Highlight in meiner Karriere. Vor allem auch, weil wir bestätigt haben, dass das Weiterkommen um Vorjahr keine Eintagsfliege war – das war wirklich eine geile Zeit!
Welche Momente würdest du noch als besonders bezeichnen?
Auf jeden Fall die Einberufungen ins Nationalteam, die Meistertitel mit Rapid, aber auch das Cupfinale mit dem SKN St. Pölten, wo wir als Zweitligist für Furore gesorgt haben. An all diese Momente erinnere ich mich sehr gerne zurück.
Wenn wir von den schönsten Erfolgen sprechen, müssen wir natürlich auch nach den bittersten Momenten in deiner Karriere fragen?
Zu meinen bittersten Momenten zählt sicher die Zeit kurz vor der Heim-EM 2008, als ich im Kader des Nationalteams stand und im letzten Moment von Teamchef Hickersberger ausgebootet wurde – das hat mich damals hart getroffen, den die EM im eigenen Land wäre ein Riesentraum gewesen. Das sind natürlich Momente, wo man zu grübeln und zweifeln beginnt. Aber das habe ich so schnell wie möglich wieder ausgeblendet, weil ich ein Typ bin, der grundsätzlich nach vorne blickt.
Ich bin allerdings auch ein Spielertyp, den man
hin und wieder in den Arsch treten muß.
Dein Verhältnis mit dem damaligen Rapid-Trainer Peter Pacult galt nicht immer als reibungslos. Du wurdest mehrfach öffentlich von ihm an den Pranger gestellt, hast in einem Interview aber gemeint, dass das persönliche Gespräch nicht stattgefunden hat. War diese öffentliche Kritik möglicher Weise einer der Gründe, dass deine Karriere etwas ins Stocken geraten ist?
Eigentlich gar nicht. Ich bin unter Peter Pacult ins Nationalteam einberufen worden, bin unter ihm Meister geworden, bin unter ihm auch zum besten Rechtsverteidiger der Liga gewählt worden und habe in der Meistersaison die meisten Tore eines Verteidigers erzielt. Peter Pacult war schon ein Typ Trainer, der wusste, wie er mit mir umgehen muss – auch wenn es manchmal etwas heftig war. Einzelgespräche hatte ich fast nie mit ihm, sondern habe vieles über die Medien erfahren. Ich bin allerdings auch ein Spielertyp, den man hin und wieder in den Arsch treten muß. Dass hat Pacult gemacht und damit hat er aber auch einiges aus mir herausholen können. Im Nachhinein weiß ich auch, dass er auf mich als Typ gestanden ist, weil ich einfach – so wie er – ein „g’rader Michl“ bin.
Im Frühjahr 2011 wurdest du zu den Rapid-Amateuren verbannt. Wer hat das damals entschieden und was wurde dir als Grund dafür genannt.
Es war so, dass ich mich im Winter davor am Innenband verletzt hatte und dadurch länger nicht trainieren konnte. Zu der Zeit war bereits klar, dass sich die Wege des SK Rapid und mir im Sommer trennen werden, dann hatte ich im Training auch einen Disput mit Mario Sonnleitner. Stefan Ebner hat mich dann telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt, dass ich zu den Rapid-Amateuren versetzt werde, was ich auch nicht als optimale Kommunikation empfand. Bei den Amateuren konnte ich immerhin noch etwas Spielpraxis nach meiner viermonatigen Verletzungspause sammeln.
Manche Vereine hatten schlichtweg Angst davor,
einen „Bad Boy“ zu verpflichten.
Nach dem Auslaufen deines Vertrags bei Rapid im Sommer 2011 bist du ein wenig zum Wandervogel geworden. Du warst nie über ein Jahr bei ein und demselben Verein, auch ein paar vereinslose Zeiten waren dabei. Wo siehst du nachträglich betrachtet die Gründe dafür, dass du in der österreichischen Bundesliga bisher noch nicht wieder Fuß fassen konntest?
Wie vorhin bereits angedeutet, hatte ich zu der Zeit ein Management, das leider alles andere als für mich gearbeitet hat. Die Vereine, zu denen ich damals gewechselt bin, habe ich mir eigentlich selbst organisiert. Zum Wandervogel wurde ich eigentlich dadurch, weil in einigen dieser Vereine nicht professionell gearbeitet wurde und Dinge versprochen wurden, die dann nie eingehalten wurden. Ein weiterer Grund liegt wohl auch an dem schlechten Ruf, den ich in der Öffentlichkeit habe. Manche Vereine hatten schlichtweg Angst davor, einen „Bad Boy“ zu verpflichten. Leute, die mich nicht kennen, haben oft eine vorgefasste Meinung von mir. Wenn man mich aber persönlich kennenlernt, wir man merken, dass ich ein sehr netter und zuvorkommender Mensch bin – diese Mühe machen sich allerdings nur die wenigsten.
Vor deinem Engagement in Zypern warst du optimistisch, dass du dich dort wieder mehr in die Auslage spielen kannst. Nach einem halben Jahr hast du heuer im Jänner den Vertrag aufgelöst und bist zum SKN St. Pölten zurückgekehrt. Was hat in Zypern nicht so funktioniert, wie du dir das vorgestellt hast?
Das Leben in Zypern an sich ist sensationell, auch die Liga ist von der Qualität keineswegs zu unterschätzen. Es spielen dort sehr viele Brasilianer und Spanier und auch sonst sehr gute Spieler. Allerdings war der Verein, bei dem ich unter Vertrag war leider eine einzige Katastrophe, da hat von vorne bis hinten einfach nichts funktioniert. Unter anderem hatte ich seit längerer Zeit kein Gehalt bekommen. Für mich war dann rasch klar, dass ich bei diesem Verein keine Zukunft habe.
Da wurde Schinkels von den Medien sicher etwas vorverurteilt.
Stichwort St. Pölten: ihr habt mit Frenkie Schinkels einen prominenten sportlichen Leiter, dessen zahlreiche Nebenaufgaben für viel Kritik bei seiner Bestellung im Oktober gesorgt haben. Wie stellt sich für dich die Situation dar, siehst du Schinkels häufig beim Training und bei den Spielen oder ist er eher ein im Hintergrund agierender sportlicher Leiter.
Ich muss gestehen, dass ich anfangs auch so meine Zweifel hatte, ob Frenkie Schinkels wegen seiner vielen Jobs genug Zeit haben würde. Allerdings ist er wirklich fast täglich bei den Trainings und bei jedem Spiel anwesend und auch bei Problemen in seinem Büro anzutreffen. Da wurde Schinkels von den Medien sicher etwas vorverurteilt.
Zurück zu dir: was sind deine kurz-, mittel- und langfristigen Karriereziele. Gibt es einen Traum, den du dir fußballerisch noch verwirklichen möchtest?
Mein kurzfristiges Ziel ist auf jeden Fall, mich beim SKN St. Pölten langfristig zu etablieren, weil ich mich hier pudelwohl fühle. Dieser Club ist mir schon richtig ans Herz gewachsen und gehört aus meiner Sicht von seinen ganzen Voraussetzungen her auch in die Bundesliga. Das will ich gemeinsam mit St. Pölten erreichen, da ich mir einen langfristigen Verbleib sehr gut vorstellen kann. Der Verein hat jetzt noch einen Monat Zeit, die vereinsseitige Option auf einen Zweijahresvertrag zu ziehen. Mittel- und langfristig möchte ich eine Trainerausbildung beginnen und später gerne mit jungen Spielern, zum Beispiel in einer Nachwuchsakademie, arbeiten.
Gegen Ende noch ein paar Fragen zum österreichischen Fußball generell: verfolgst du die Entwicklung der rot-weiß-roten Legionäre in Deutschland und Resteuropa und wen ja, wen beachtest du besonders?
Natürlich beobachte ich auch die Legionäre, besonders interessiert mich die Deutsche Bundesliga. Aber auch die spanische Liga verfolge ich, vor allem auch, weil ich mit Andi Ivanschitz sehr gut befreundet bin, der gerade mit seinem Verein (UD Levante) mitten im Abstiegskampf steckt.
Es macht derzeit jedenfalls irrsinnigen Spaß,
dem Nationalteam zuzusehen.
Verfolgst du die derzeitigen Erfolge des Nationalteams und den damit verbundenen Hype? Ist dieser Aufschwung ausschließlich an der Person Marcel Koller festzumachen?
Ja klar, ich sehe mir jedes Länderspiel an und freue mich auch sehr über den Hype rund um das Team. Wenn man bedenkt, dass noch vor wenigen Jahren bei Pflichtspielen nur vor drei-, viertausend Zuschauern gespielt wurde und mittlerweile sogar Freundschaftsspiele in einem ausverkauften Happel-Stadion ausgetragen werden, zeigt das schon, wie viel da entstanden ist. Es macht derzeit jedenfalls irrsinnigen Spaß, dem Nationalteam zuzusehen. Den Aufschwung würde ich nicht ausschließlich an Marcel Koller festmachen, auch die Spieler haben sich in ihren Teams sensationell weiterentwickelt – als Beispiel nennen ich da nur Zlatko Junuzovic und Aleksandar Dragovic, über David Alaba braucht man da ohnedies kein Wort verlieren.
Zum Abschluß nur noch eine Frage: findet die EM 2016 in Frankreich mit rot-weiß-roter Beteiligung statt?
Natürlich! Das Team ist sehr gut drauf und führt klar die Tabelle an, ich bin da wirklich sehr optimistisch!
Herzlichen Dank für das Interview!
Sehr gerne!
Hier noch ein paar schöne Szenen aus Andi Dobers bisheriger Karriere:
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(Alexander Doubek)