Österreichische Bundesliga

Kommentar: Was der Cupsieg Sturms für die Wiener Vereine bedeuten könnte

Es kann für die heimischen Fußball-Fans tatsächlich mühsam werden. Eine Bundesliga-Saison besteht aus 36 Runden, die im Cup aus sechs Spielen und am Ende gewinnt immer Red Bull Salzburg – bis jetzt! Denn Sturm Graz hat zumindest einen kleinen Teil einer Ära der Dominanz im österreichischen Fußball beendet. Die Steirer haben das für viele eigentlich Unmögliche geschafft und einer vermutlich übermächtigen Bullen-Mannschaft einen Titel weggeschnappt. Die Blackies holen nach 2010 wieder einen Cupsieg und haben Fußball-Österreich einen Gefallen getan. 

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Der Gefallen ist nicht die Tatsache, dass die Bullen „endlich“ keinen Titel in einem heimischen Bewerb holen oder ein Spiel verloren haben. Die Grazer haben einfach gezeigt, dass es möglich ist, die Salzburger zu schlagen. Jetzt liegt es aber an den restlichen Top-Klubs um auch anzupacken. Aber ob das klappen wird?

Langes Warten in Wien

Optimismus und Zuversicht, dass es irgendwann besser wird, ist zurzeit einer der wenigen Strohhalme für die Fans der beiden Wiener Großklubs Rapid und Austria. Vor allem Rapidler versuchen es seit Jahren und möchten endlich wieder einen Titel gewinnen – doch es klappt einfach nicht. Der letzte Titel wurde in Hütteldorf 2008, also vor zehn Jahren, gefeiert – für einen großen Verein wie Rapid einfach eine mittlerweile viel zu lange Durststrecke. 

Das Argument lautet meistens: „Salzburg ist unschlagbar.“ Doch das stimmt nicht. Es ist klar, dass Red Bull ein viel höheres Budget in allen Bereichen aufweisen kann, deshalb einen klaren Vorteil hat und in jedem heimischen Bewerb die Mannschaft ist, die es zu schlagen gilt. Doch beispielsweise ein Verein wie Rapid sollte versuchen mitzuziehen, um von den Erfolgen der Salzburger im Europacup zu profitieren. Die Hütteldorfer sind abgesehen von Deutschland wohl einer der Vereine mit dem größten Potential in Zentraleuropa – zumindest wenn man an die Infrastruktur, die Fans, das (Medien)Interesse und die damit entstehenden finanziellen Möglichkeiten durch lukrative Sponsoren und Partner in Betracht zieht. Doch irgendwie steht meistens nur die Kritik am „bösen“ Red Bull im Vordergrund und die Baustellen im eigenen Verein werden vergessen.

Denn auch wenn RB Salzburg ein viel höheres Budget als die Rapidler hat – die Wiener selbst haben ja auch etwas größere finanzielle Möglichkeiten als „kleinere“ Vereine wie die Admira oder Altach zum Beispiel – trotzdem schafft es Rapid nicht regelmäßig klare Siege gegen diese Mannschaften einzufahren und klar hinter sich zu lassen. Im Gegenteil – derzeit wird mit dem (klarerweise sehr starken und für die Bundesliga wichtigen Anm.) Aufsteiger LASK um den dritten Platz gespielt.

Fehler bei Rapid

Also irgendwas stimmt hier nicht. Der Fokus auf den eigenen Verein, eine nachhaltige Zukunftsarbeit und sportliche Kompetenz in allen Bereichen ist bei Rapid etwas in den Hintergrund geraten. Regelmäßige Trainerwechsel, wenige Top-Transfers in den letzten Jahren und mehr Unruhe als Ruhe – das sind Mitgründe weshalb die Hütteldorfer seit Jahren auf einen Titel warten. Dass ein Präsident und der General Manager in einem Verein vielleicht selber nicht aus dem Sport bzw. dem Fußball kommen ist eigentlich kein Problem. Aber, dass sie sich dann in sportliche Entscheidungen einmischen, ist doch ein Problem.

Ein gutes Beispiel ist die Entlassung von Trainer Mike Büskens und Sportdirektor Andreas Müller im Oktober 2016. Michael Krammer präsentierte nur kurze Zeit später einen neuen Trainer – und das noch vor dem neuen Sportdirektor. Damir Canadi kam, hatte vermutlich nicht die Spieler, die in sein Spielsystem passen und ging daher relativ schnell wieder. Ein unglücklicher Zufall, dass Rapid der einzige Verein ist, bei dem Canadi keinen Erfolg hatte? Oder doch der Grund, dass ein Trainer ohne genauer sportlicher Analyse verpflichtet wurde und ein Chaos die logische Folge war?

Die Investition in sportliche Kompetenz abseits des Feldes sollte wieder größer werden. Es sind nicht nur die Spieler, die am Feld stehen wichtig. Genaues Scouting und gute Transfers schaffen eine Basis für die nächsten Jahre. Durch die unglaublichen Erfolge der Salzburger im Europacup und auch die Tatsache, dass sich vor allem deutsche Vereine in der österreichischen Bundesliga umsehen, sollte es auch Vereinen wie Rapid, Sturm und der Austria möglich sein, große Talente nach Österreich zu holen. Auch wenn dabei ein Risiko des Ausbildungsvereins entsteht, aber was spricht gegen den „positiven Teufelskreis“? Rapid oder auch die Austria holen talentierte Spieler, verkaufen diese um gutes Geld und holen dadurch erneut gute Talente, die zusammen mit einem vorhandenen Stamm erfolgreichen und schönen Fußball zeigen. 

Der Cupsieg von Sturm und der leidenschaftlichen Mannschaft muss Rapid und der Austria doch zeigen, dass es geht. Vielleicht werden die Rapidler nicht gleich am Sonntag Salzburg in der Liga wegschießen, doch im Hinblick auf die nächste Saison sollte innerhalb des Vereins wohl noch einmal ganz genau gegrübelt werden, warum die Rapid-Fans weiter auf einen Titel im Westen Wiens warten müssen. Es entsteht der Eindruck, dass viele ihr eigenes Süppchen kochen, anstatt zusammen an einem Strang zu ziehen und zusammen große Erfolge zu feiern.

Probleme bei der Austria

Auf die Veilchen trifft ähnliches wie auf Rapid zu, wobei bei der Austria sind die Baustellen derzeit viel größer und bedenklicher. Denn mit dem neuen Stadion sollte auch bei der Austria ein Potential für Erfolge in Österreich und im Europacup da sein. Zuschauer könnten wieder mobilisiert und ein Lauf gestartet werden. Doch es entsteht zurzeit ein Gefühl, dass das Zusammenspiel von sportlichem Vorstand, Trainerstab und Präsidium irgendwie nicht funktioniert. Diese sportliche Krise wird wohl in Favoriten noch etwas Spuren hinterlassen, aber sollte auch die Gelegenheit auf einen kompletten Neustart in vielen Bereichen sein. 

Und was passiert, wenn alles aufgeht? Gegenseitige Schuldzuweisungen sind Geschichte, ein starkes Rapid, das vor allem in Europa viel Freude bereiten kann, eine wiedererstarke Austria und natürlich auch die derzeit auf einer Erfolgswelle schwimmenden Grazer spielen allesamt eine starke Saison – und plötzlich verspürt Red Bull Salzburg Gegenwehr. Eine spannende Saison, viele Fußball-Feste und Gegenseitiges sportliches „pushen“ – das muss das Ziel sein und ist auch möglich. 

Durch den neuen Modus in der Bundesliga kommt sowieso zusätzlich Spannung in die Liga. Nach 22 Runden werden die Punkte halbiert und dann werden bei noch zwei ausstehenden direkten Duellen die Chancen noch größer einen klaren Vorsprung Salzburgs zumindest noch zu minimieren. 

Natürlich müssen auch die Grazer weiter ihren Weg gehen, denn der Cupsieg könnte schnell zu einem zwar unvergesslichen Erlebnis, aber auch einer seltenen Ausnahme werden. Es könnte und sollte trotzdem allen großen Vereinen in Österreich zeigen, dass die Chance endlich wieder mit Salzburg mithalten zu können da ist. Es gehören aber einfach Veränderungen her und die Meinung „Salzburg zerstört den österreichischen Fußball und ist einfach zu gut“ sollte nicht Allgegenwärtig sein. Denn egal wie man es sieht: Red Bull Salzburg wird bleiben und die restlichen Vereine müssen einen Weg finden, mit Salzburg mitzuziehen. Die Möglichkeiten sind da. Aber wahrscheinlich wird wohl erneut alles anders kommen. Leider. 

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David Chomiczuk

David CHOMICZUK
(Redaktion)

Bei 12terMann seit: 04/2017

M: david.chomiczuk@12termann.at

 

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