Kommentar

Geht die FIFA für Katar 2022 über Leichen?

Der Begriff „menschenunwürdig“ beschreibt die Arbeitsverhältnisse bei den Bauarbeiten für die WM 2022 in Katar wohl am besten. Wahrscheinlich greift er sogar zu kurz. Hunderte Arbeiter fanden an den Austragungsstätten auf der Halbinsel im Persischen Golf bereits den Tod. Ein Kommentar von Jakob Penner.

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Kürzlich wurde von der indischen Regierung bekannt gegeben, dass monatlich 20 indische Arbeitskräfte in Katar ums Leben kommen. Etliche davon beim Bau der Spielstätten für die FIFA Fußball WM 2022Im vergangenen Jahr kamen bis Anfang Dezember 218 Inder bei den Bauarbeiten ums Leben. Fast ebenso viele Nepalesen mussten ihr Leben lassen. Schon acht Jahre vor der Weltmeisterschaft geht die Zahl der Todesopfer wahrscheinlich in den vierstelligen Bereich.

Welches Event soll es wert sein, so viele Menschenleben zu fordern? Inder, Nepalesen und Arbeiter aus Sri Lanka werden zu Hunderten in Unterkünften zusammengepfercht, müssen ihren Pass bei ihrem Arbeitgeber abgeben und dürfen ohne dessen Zustimmung das Land nicht verlassen. Sie warten monatelang auf ihre Bezahlung, die ohnehin einem Hungerlohn gleicht. Die Zeit in Katar scheint irgendwann stehen geblieben zu sein, denn Arbeitsbedingungen im Jahr 2014 sollten anders aussehen. 

Die Aufregung darüber hält sich – auch in Europa – in engen Grenzen. Anscheinend nimmt man die Opfer in der Dritten Welt für ein einmonatiges TV-Ereignis gerne in Kauf oder vesteht es zumindest geschickt, diese auszublenden. 

Eigentlich absurd, dass angesichts dieser Tatsache über die klimatischen Bedingungen in Katar diskutiert wird, die Arbeitsverhältnisse jedoch kaum einem Offiziellen ein Statement abringen. Es scheint, als möchte es sich niemand mit dem mächtigen Weltverband verscherzen.

Klar ist aber auch: je länger man zuwartet und die WM im Wüstenstaat belässt, desto komplizierter, finanziell aufwendiger und unrealistischer wird eine Neuvergabe. Darum ist es an der Zeit, dass sich die nationalen Verbände und Spieler über die unglaublichen Zustände äußern und einen Boykott des Turniers ankündigen. Wer wenn nicht die Sportler selbst soll sich gegen die Zustände auflehnen und die FIFA unter Druck setzen. Denn ohne die Superstars des Fußballs wird eine Weltmeisterschaft auch finanziell floppen.

Die FIFA und einige europäische Großunternehmen stehen vor dem größten Geschäft in ihrer Geschichte, dafür müssen sie sich sämtlicher moralischer Vorstellungen entledigen. Sollten die mächtigen Männer des Sports ihre Gier nach finanziellem Gewinn über Tausende von Menschenleben stellen, wird jedem Torjubel der bittere Beigeschmack der tausenden Leichen anhaften, die beim Bau der Arenen ihr Leben lassen mussten und noch lassen werden.

Es ist höchste Zeit, die WM 2022 neu zu vergeben. Die USA, die bei der Vergabe der WM im Jahr 2010 mit 8:14 Stimmen unterlegen waren, Australien, das sich damals ebenfalls beworben hatte und einige Länder in Europa sind bestimmt im Besitz der nötigen Infrastruktur, um ein Fußballturnier unter menschlichen Bedingungen auszurichten. Denn mir stellt sich die Frage, wer so eine Weltmeisterschaft unter diesen Vorzeichen sehen will. Ich bestimmt nicht.

Inzwischen hat sich FIFA-Präsident Blatter zu Wort gemeldet und die Austragung in Katar neuerlich bekräftigt. Im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen sei er überzeugt, dass sich diese verbessern werden. Vielleicht verbessern sich aber auch nur die Verschleierungsmethoden…

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