Marcel Koller in der Kritik – Eine Besserwisserei wie damals
Man lernt nur dann und wann etwas; aber man vergisst, den ganzen Tag.
(A. Schopenhauer)
Das zweite Match der WM-Qualifikation ist vorbei und Österreich spielte dabei ein 2:2 gegen Wales. Zuhause gegen diesen Gegner? Na da muss aber schon deutlich mehr gehen, haben sich viele Fans gedacht. Wir sind doch so toll, dass wir die Briten aus dem Stadion putzen müssen. Doch, halt! War da nicht etwas vor wenigen Monaten bei der EM in Frankreich. Ja, richtig! Die Waliser standen im Halbfinale. Auch wenn der Name nicht viel hergibt, die Klasse ist auf jeden Fall da. Und genau gegen diesen Gegner hat Österreich Unentschieden gespielt.
Zugegeben, mit ein bisschen Glück wäre auch noch mehr gegangen. Aber brechen wir das runter: das österreichische Nationalteam hat einen EM-Halbfinalisten dominiert und ist damit nicht zufrieden, dass es nicht gewonnen hat. Was können wir diesem Team nun also vorwerfen? Eben nichts. Und genau deswegen kommen einige Leute auf die Kritik an Teamchef Marcel Koller, nur weil dieser nicht so aufstellt wie sie es gerne hätten. [spielerprofil spieler=“David Alaba“] muss links hinten spielen, weil [spielerprofil spieler=“Markus Suttner“] so schlecht ist. [spielerprofil spieler=“Marc Janko“] steht nur am Platz herum und [spielerprofil spieler=“Ramazan Özcan“] ist der größte Gefahrenherd. Da sind sie wieder, die Teamchefs, die wir alle vermisst haben, weil ihnen „der Schweizer“ eine perfekte Qualifikation schenkte und sie deswegen stumm stellte.
Wir sind kein Weltklasse-Team, das hat uns die EM deutlich vor Augen geführt. Umso erstaunlicher sind die Leistungen, die uns dieses Team jedes Mal schenkt. Und auch der Schritt, den das Nationalteam beim Wales-Match gemacht hat, nämlich einen zweimaligen Rückstand aufzuholen, zeugt von einer Entwicklung. Halten wir noch einmal fest: die letzte Niederlage in einer Qualifikation passierte im Oktober 2013 bei der unglücklichen Niederlage in Schweden, das die Nicht-Qualifikation für die WM besiegelte. Danach folgten 13 Spiele ohne Niederlage. Wann hat es das schon einmal in Österreich gegeben? Schwache Gegner hin oder her, wir haben früher auch gegen Litauen und Moldawien schon verloren.
Das Undankbarste, weil Unklügste, was es gibt, ist Dank erwarten oder verlangen.
(T. Fontane)
Wir kritisieren immer noch die Entscheidungen des Teamchefs. Aber nicht in einem Ton, der respektvoll ist. Sondern in einer angreifenden Art und Weise, als ob uns dieser Mensch etwas schlimmes antun wolle mit seiner Aufstellung. Noch einmal: das einzige, das in den letzten fünf Jahren Teamchef-Ära daneben ging war die EM 2016. Nehmen wir ihm das persönlich, geben wir ihm die alleinige Schuld dafür? Es geht nicht darum, den Teamchef blind zu verteidigen. Vielmehr geht es darum, zu sehen, was er uns weiterhin bringt und das überwiegt das Negative um Längen. Einfach dafür, dass er unsere Kultur und das Verständnis für den Fußball neu beigebracht hat, gebührt ihm ein Dank, den Ergebnisse nicht widerspiegeln können.
Diese Kultur scheinen viele nun wieder über Bord zu werfen nach der EM. Der Nimbus, den sich Koller aufgebaut hatte, war mit einem Schlag weg und schon vergessen einige wieder. Mit seinem Weg ist Koller bisher erfolgreich gegangen, warum sollte dann die Meinung von uns Hobby-Teamchefs also etwas Wert sein? Wissen wir wie fit ein Spieler ist, wissen wir welches taktische Konzept verfolgt wird, wissen wir wer mit wem gut kann, wissen wir wer seine Stärken wo hat? Von außen lässt sich leicht reden. Auch sind die Erwartungen schon dermaßen hoch, dass schwache Leistungen von einzelnen Spielern bis zum Geht-nicht-mehr zerrissen werden.
Das ÖFB-Team spielt in einer sehr ausgeglichenen Gruppe und nun erwarten wir, dass wir gegen jeden Gegner gewinnen. Das ist nur reine Augenauswischerei. Die Möglichkeiten sind da, aber in der Ausgeglichenheit der Teams liegt auch die Gefahr, dass eine Mannschaft in einen Lauf kommt (wie Österreich bei der letzten EM-Quali) und dann allen anderen davon zieht. Dann bleibt nur mehr maximal der zweite Platz, der zum Playoff berechtigt, über. Fußball ist kein Wunschkonzert und es entscheiden oft nur Kleinigkeiten, auf die man oft auch keinen Einfluss nehmen kann.
Die Freude flieht auf allen Wegen; der Ärger kommt uns gern entgegen.
(W. Busch)
Besserwisser, Nörgler, Raunzer und Suderer hatten wir jahrelang zur Genüge. Marcel Koller hat diese großteils zum Schweigen gebracht und eine neue Diskussions- und Arbeitskultur in Österreichs Fußball gebracht. Was wir jetzt brauchen sind die positiv eingestellten Fans, die weiterhin an das Team und den Trainer glauben. Und auch keine Medien, die auf den Nörglerzug aufspringen, um mit der momentan negativen Welle zu reiten. Diskussion soll weiterhin stattfinden, aber mit dem Bewusstsein, dass wir keinen Einfluss darauf haben. Die Entscheidung kommt nur von einer Person, einer Person, die sich viel Vertrauen in den letzten Jahren aufgebaut hat und die es verdient, dass man ihr dieses weiterschenkt.
[fanshop_start]
[app_teaser]
[fanshop_aktuell]