UEFA EURO 2024

So schlugen sich die EM-Favoriten am 1. Gruppenspieltag

Runde 1 brachte viele Tore und kaum ein Favoritensterben. Business as usual könnte man meinen, doch was war am 1. Spieltag in Bezug auf die Topteams erwähnenswert.

Fulminantes Deutschland

Den höchsten Sieg gefeiert und eine absolute Topleistung abgeliefert hat der Gastgeber. Gegen ein zugegeben schwaches Schottland haben die Mannen von Julian Nagelsmann gleich von Beginn an gezeigt, dass man den Anspruch stellt zum absoluten Favoritenkreis zu zählen.

Die Bravehearts sind sicherlich die größte Enttäuschung der Gruppenphase und haben es den Deutschen mehr als nur leicht gemacht. Aber Toni Kroos hat mit seinen Pässen auf Jamal Musiala und Florian Wirtz gezeigt, dass Deutschland mit seinen Flügelspielern zu jeder Zeit dazu in der Lage sein wird, seine Gegner zu ärgern.

Ein Fragezeichen steht nach wie vor hinter der Abwehr, die gegen Schottland kaum gefordert wurde. Wie gut sich Rüdiger, Tah, Kimmich und Mittelstädt gegen Topteams schlagen werden, sehen wir frühestens in der K.o.-Phase, denn auch Ungarn und die Schweiz werden die Viererkette nicht vor unlösbare Probleme stellen.

Deutschland – ein Mitfavorit? Das werden die nächsten Spiele zeigen. Die DFB-Elf ist aber in beängstigender Frühform.

Eiskalte Spanier

Im ersten Topspiel des Turnieres präsentierten sich die Spanier gegen Kroatien eiskalt. Drei Torchancen in Hälfte eins, drei Tore, Deckel drauf.

Was aber noch bemerkenswerter als die Chancenauswertung war, war die Art und Weise, wie die Spanier aufgetreten sind. Nach Ballgewinn schaltete das Team von Luis de la Fuente erstaunlich schnell um und begeisterte mit schnellen Pässen in die Spitze. Einer dieser Pässe sorgte für das 1:0 und im Nachhinein betrachtet für die Vorentscheidung.

Résumé: Dem Tiki Taka wurde nicht nur leise Servus gesagt, sondern mit einem Feuerwerk. Anstatt mit ewigen Ballstafetten begeistern die Spanier nun mit schnellem und sehr geradlinigem Passspiel. Gepaart mit dem gegen Kroatien zelebrierten Zug zum Tor hat die Furia Roja bewiesen, dass sie nicht umsonst als einer der Geheimfavoriten auf den Turniersieg gelten.

Ebenso bemerkenswert war das EM-Debut des erst 16 Jahre alten Lamine Yamal. Nervosität: Keine Spur! Der jüngste EM-Spieler aller Zeiten war ein permanenter Unruheherd und von den Kroaten nur schwer in den Griff zu kriegen.

Spanien trifft nun am Spieltag 2 auf Italien, was für beide Mannschaften ein Gradmesser sein wird. Gewinnt Spanien, steht der Europameister von 1964, 2008 und 2012 im Achtelfinale und würde als Gruppensieger auf einen Gruppendritten treffen. Hier findet ihr mehr Infos zu Spanien Italien Wetten.

Italien mit Startschwierigkeiten

Das schnellste EM-Tor der Geschichte kassierten die Italiener. Nach einem schlechten Einwurf von Dimarco pennte Bastoni, Bajrami nutzte die Unachtsamkeit und knallte den Ball an Donnarumma vorbei ins kurze Eck.

Die Italiener waren davon wenig beeindruckt und hatten nach 16 Minuten durch Tore von Bastoni und Barella das Spiel wieder gebogen. Möchte man die Leistung der Italiener beschreiben, würde wohl das Wort unauffällig zutreffen.

Was aber gefällt, ist, dass sich Italien unter Luciano Spalletti endgültig vom Catenaccio verabschiedet hat und die neue Innenverteidigung mit Bastoni und Calafiori besser funktioniert als gedacht. Letzterer stand für Italien überhaupt erst das dritte Mal am Platz und bestach durch sein gutes Stellungs- und Aufbauspiel. Lediglich kurz vor Schluss leistete sich der gebürtige Römer noch einen Patzer, den die Albaner aber nicht nutzen konnten.

Sicherlich kein Meisterstück, aber Italien hat die Hürde Albanien genommen und dank Nerven wie Drahtseil eine Blamage abgewendet.

Der Härtetest steht am kommenden Spieltag gegen Spanien am Programm. Verliert man gegen die Iberer, droht wohl gegen die Kroaten am letzten Spieltag der Gruppe B das Entscheidungsspiel, vorausgesetzt die Vatreni gewinnen gegen Albanien.

Glanzloses England

Zugegeben die Three Lions hatten im Auftaktspiel der Gruppe C mit Serbien einen harten Gegner. Die Serben verstanden es die Räume eng zu machen und kauften den Mannen von der Insel in den Zweikämpfen den Schneid ab.

Spielerisch blieben die Engländer viel schuldig, mussten öfter als ihnen lieb war in die Breite oder gar zurückspielen. Zum Sieg brauchte es den vollen Körpereinsatz von Jude Bellingham, der sich im Mittelfeld von seinem Bewacher löste, die Flanke von Saka richtig antizipierte und die „Fußballliebe“, so heißt der Ball, im Netz versenkte. Die englischen Fans quittierten das Tor mit dem Song „Hey Jude“.

Englands neuer Superstar blieb sonst aber eher blass, auch weil er von den serbischen Verteidigern oft gefoult wurde. Englands alter Superstar Harry Kane hingegen war über 90 Minuten völlig abgemeldet und hing über weite Strecken des Spiels völlig in der Luft.

Für eine Überraschung sorgte Trainer Gareth Southgate, der Trent Alexander Arnold im zentralen Mittelfeld neben Declan Rice aufbot. Der Liverpool-Spieler tat sich auf seiner neuen Position, er ist gelernter Rechtsverteidiger, sichtlich schwer und war sicherlich der Schwachpunkt im englischen Aufbauspiel. Ihm unterliefen mehrere Fehlpässe.

Das Prunkstück der Three Lions war gegen Serbien sicherlich die Abwehr. Noch vor einigen Jahren hätte man Spiele wie dieses nicht über die Ziellinie gebracht. Der in diesem Spiel überragende Abwehrchef John Stones dirigierte seine Abwehr aber fehlerlos. Serbien schaffte in 90 Minuten nur einen Torschuss, den Pickford ohne schwere Not über das Tor lenken konnte.

Insgesamt blieben die Engländer aber vieles schuldig, gelten sie doch als einer der Topfavoriten auf den Titel.

Muss man sich bereits nach dem ersten Spiel Sorgen um die Three Lions machen? Keineswegs. Die Engländer galten als die Fehlstarter in Turniere und verloren die meisten Auftaktspieler aller Topnationen. Mit einem Sieg gegen Dänemark kann die Truppe von Gareth Southgate bereits im nächsten Spiel den Aufstieg in die KO-Runde eintüten.

Niederlande braucht Joker Weghorst

In Hamburg standen sich zwei ebenbürtige Mannschaften gegenüber und bis kurz vor Schluss sah es nach einem gerechten Unentschieden aus. Die Polen hatten mehr Torschüsse, die Holländer dafür mehr echte Chancen.

Polen war auf das Offensivspiel der Holländer gut eingestellt und konnte die Ausfälle der beiden nominellen Spitzen Milik und Lewandowski gut kompensieren. Es war jedoch Juve-Keeper Szczesny zu verdanken, dass das Team von Trainer Probierz bis kurz vor Schluss auf einen Punkt hoffen durfte. Der 34 Jahre alte Schlussmann hielt mit sehenswerten Paraden und gutem Stellungsspiel lange Zeit den Punkt fest. Kurz vor Schluss war es Joker Wout Weghorst, der mit seinem ersten Ballkontakt das Goldtor erzielte.

Was auffiel: Beide Mannschaften sorgten für ein schnelles Spiel, hatten aber in der Abwehr Schwächen. Etwas, das auch Ralf Rangnick nicht entgangen sein wird. Die Polen sind die nächsten Gegner der Österreicher und ein Sieg ist nach der 1:0 Niederlage gegen Frankreich Pflicht, will man in die KO-Phase aufsteigen.

Sorgen muss sich die ÖFB-Elf aber weder gegen Holland noch gegen Polen machen. Kann man die Leistung gegen Frankreich konservieren, sind beide Gegner schlagbar.

Holland trifft im nächsten Spiel auf Frankreich. Gewinnt Frankreich gegen Holland und Österreich gegen Polen, steigt in Berlin das Entscheidungsspiel um den Aufstieg zwischen der Oranje und dem ÖFB.

Enttäuschendes Belgien

So hatten sich die roten Teufel den Start ins Turnier nicht vorgestellt. Gegen die Außenseiter aus der Slowakei musste sich das Team von Domenico Tedesco mit 1:0 geschlagen geben.

Und im Grunde genommen war es Tedesco selbst, der mit seiner Aufstellung für viel Unruhe sorgte. Wegen Meinungsverschiedenheiten ließ er Thibaut Courtois zu Hause, setzte auf den gelernten Flügelspieler Carrasco in der linken Verteidigung und Openda sowie Bakayoko auf die Bank. Den Vorzug bekam Leonardo Trossard vom FC Arsenal.

Bemerkenswert: Belgien war zeitweise sogar mit dem 0:1 gut bedient. Vor allem in Hälfte eins waren die Slowaken das klar bessere Team. In Hälfte zwei dann ein anderes Bild. Tedesco reagierte, brachte Bakayoko und später Tielemans, Openda und Lukebakio. Es reichte aber nicht mehr. Unglücklich: Zwei Tore wurden vom VAR aberkannt – zu Recht.

Für Belgien heißt es im nächsten Spiel gegen die Überraschungsmannschaft Rumänien verlieren verboten.

Frankreich mit Fortune

Les Bleus taten sich in einem rassigen Spiel schwer gegen ein starkes Österreich. Die Truppe von Ralf Rangnick war perfekt auf den Topfavoriten eingestellt und verlangte den Mannen von Didier Deschamps bis zur letzten Sekunde alles ab.

Chancen der Equipe Tricolore waren über weite Strecken eher Mangelware und wenn war Keeper Pentz zu Stelle. Mbappé war bei Posch und Laimer abgemeldet, Mwene neutralisierte über weite Strecken Dembelé, was dazu führte, dass die Franzosen nie wirklich ins Spiel kamen. Bezeichnend dafür: Das entscheidende Tor erzielte Wöber, der den Ball unglücklich mit dem Kopf im eigenen Tor versenkte nach einem Abspielfehler von Mwene.

Das ÖFB-Team schenkte den Franzosen nichts und gewann mittels Gegenpressing zahlreiche Bälle im Mittelfeld. Problem: Die zahlreichen Ballgewinne konnten nicht in Chancen umgemünzt werden. Dies wusste die an diesem Abend sattelfeste französische Verteidigung rund um Abwehrchef Saliba zu verhindern. Die Franzosen stellten ihrerseits geschickt die Räume zu und zwangen die Österreicher damit zu Fehlpässen.

Die einzige wirkliche Topchance der Österreich vergab Baumgartner in Hälfte eins. Quasi postwendend gab es den Führungstreffer der Franzosen.

Dass Didier Deschamps im zentralen Mittelfeld auf Kanté und Rabiot setzte, war so nicht zu erwarten. Viele hatten Champions-League-Sieger Camavinga als Fixstarter gesehen. Und es war Kanté, der den Franzosen im Zentrum Halt verlieh und kurz vor Schluss Wimmers Dribbling unterband.

Frankreich kann bereits im nächsten Spiel gegen Holland den Deckel drauf machen und in die K.o.-Phase einziehen. Mbappé wird nach seinem Nasenbeinbruch zum Maskenmann.

Spielstarkes Portugal

Gestern startete als letzte Topmannschaft Portugal ins Spiel. Das Team von Roberto Martinez präsentierte sich wie gewohnt spielstark, biss sich aber lange Zeit an der gut sortierten Defensive der Tschechen die Zähne aus.

Mit dem einzigen Torschuss des Spiels gingen die Tschechen 1:0 in Führung, sieben Minuten später folgte der Ausgleich für die Portugiesen durch ein Eigentor von Hranac. Erst in Minute 92 sorgte der eingewechselte Conceicao für die Erlösung, die hochverdient war.

Acht Torschüsse waren es am Ende des Spiels und ein großer Teil ging auf das Konto von Altstar Cristiano Ronaldo. Der mehrfache Weltfußballer präsentierte sich stark und hat gezeigt, dass er trotz seiner 39 Jahre nach wie vor brandgefährlich ist.

Am 2. Spieltag der Gruppe F trifft Portugal auf die ebenso im ersten Spiel siegreichen Türken. Und auch diese werden den Portugiesen wieder einiges an Geduld und Spielwitz abverlangen.

Was sich zeigte: Mit den Portugiesen ist im Kampf um Titel zu rechnen.

Patrick Stummer. 12termann.at