Teamanalyse: Deutschland bei der UEFA EURO 2024
In Gruppe A sind die fußballerischen Machtverhältnisse uneindeutig. Die Großmacht ist zwar der vierfache Welt- und dreifache Europameister Deutschland. Dahinter tummeln sich mit Schottland, Ungarn und der Schweiz drei Länder, die für Aufsehen sorgen könnten. Es könnte sich also ein enger Dreikampf hinter dem Gastgeber auftun, wobei das wiedererstarkte Ungarn mit einem Auge auf Platz eins schielt, aber die Schweizer auch nicht zu unterschätzen sind, während sich die Schotten in einem Tief befinden.
Nichtsdestotrotz gilt Deutschland zwar als stark, jedoch nicht als unschlagbar, wie die Niederlagen gegen die Türkei und Österreich bewiesen. Und unsere Serie über die 24 Teams der UEFA EURO 2024 beginnen wir auch mit dem Gastgeber!
Für die Truppe von Julian Nagelsmann ist das klare Ziel der Gruppensieg. Im März besiegte der Gastgeber bereits Frankreich und die Niederlande in Freundschaftsspielen, wodurch ein erstes Kräftemessen mit Blick auf eventuelle K.O.-Spiele erfolgte. Die Mannschaft ist gespickt mit Stars, so beispielsweise den Altmeistern Manuel Neuer und Thomas Müller, aber auch Antonio Rüdiger bestätigte mit dem Champions-League-Sieg 2024 seine Klasse.
Torhüter
Für die Europameisterschaft nominierte Julian Nagelsmann gleich vier Torhüter, was er mit der besseren Belastungssteuerung im Training erklärte. Neben Manuel Neuer sind auch Marc-André ter Stegen (FC Barcelona), Oliver Baumann (TSG Hoffenheim) und Alexander Nübel (VfB Stuttgart) dabei.
Mit 38 Jahren wird Manuel Neuer noch einmal der Stammkeeper seines Landes sein, während die Qualität hinter ihm mit ter Stegen als Stammtorhüter des FC Barcelona und Nübel als Vizemeister in der deutschen Bundesliga nicht nachlässt. Oliver Baumann wurde seit 2020 schon mehrmals für die deutsche Nationalmannschaft einberufen und ist als Hoffenheim-Kapitän einer der besten Torhüter der Liga.
Einstige oder auch aktuelle Weltklassekeeper sind also definitiv Teil dieser Mannschaft, wenngleich sich beispielsweise Neuer nicht mehr in jeder Situation so souverän gibt, wie es noch vor einigen Jahren bzw. vor seinem Wadenbeinbruch war.
Verteidigung
In der Abwehr kann man ebenfalls auf Topspieler setzen, allen voran Real Madrid-Verteidiger Antonio Rüdiger, Jonathan Tah, der mit Leverkusen sensationell die Bundesliga gewann, oder Nico Schlotterbeck, der bei Borussia Dortmund stark aufspielte.
Überraschend mag die Rolle Joshua Kimmichs sein, der beim FC Bayern lange Zeit fast ausschließlich um defensiven Mittelfeld eingesetzt wurde, im Vorfeld der EM aber auf seine ehemalige Position als Rechtsverteidiger beordert wurde – wo er auch im deutschen Team eingeplant sein wird.
Die restlichen Verteidiger Waldemar Anton, Benjamin Henrichs, Robin Koch, David Raum und Maximilian Mittelstädt sammelten bereits Länderspielerfahrung und sind Stammspieler bei ihren jeweiligen Vereinen.
Mittelfeld
Im Mittelfeld trifft Erfahrung auf frischen Wind. Toni Kroos absolviert seine letzten Karrierespiele, während Ilkay Gündogan und Leroy Sané den DFB-Adler seit Jahren auf der Brust tragen. Demgegenüber sind mit Robert Andrich, Pascal Groß und Chris Führich drei Neulinge dabei, die erst seit 2023 Teil des DFB-Teams sind.
Ergänzt wird das Mittelfeld durch Jungspunde wie die 21-jährigen Jamal Musiala und Florian Wirtz, die bereits einige Länderspiele absolviert haben, sowie Debütant Alexander Pavlovicvom FC Bayern München. Aber gerade diese Jungen sind es, die in einer noch nicht perfekt ausbalancierten deutschen Mannschaft durchaus den Unterschied ausmachen könnten.
Angriff
Mit Thomas Müller und Kai Havertz sind zwei Weltstars im deutschen Angriff dabei, die die Abläufe beim Nationalteam natürlich bestens kennen. Der zentrale Stürmer für Deutschland soll Niclas Füllkrug sein, der sich zu einem Stürmer europäischen Formats entwickelte und im DFB-Dress bereits elf Tore in 15 Einsätzen erzielte.
Ergänzt wird der Sturm von den Neulingen Deniz Undav, Vizemeister mit Stuttgart, sowie Maxi Beier, Stammspieler und Top-Torschütze bei Hoffenheim.
Trainer
Der Zyklus Julian Nagelsmann beim DFB begann im September 2023, nachdem Hansi Flick ein enttäuschendes Jahr hinlegte. Er ist mit 36 Jahren der zweitjüngste Bundestrainer aller Zeiten hinter Otto Nerz und verstärkte das DFB-Team durch die Nominierung formstarker Spieler, auch wenn sie in der Nationalmannschaft noch unerfahren sind.
Im Weltfußball gibt es wenig größere Herausforderungen als das erste große Turnier im eigenen Land zu absolvieren, doch trotz seines jungen Alters kennt er große Bühnen durch sein Engagement beim FC Bayern.
In seinen bisherigen Spielen als Teamchef zeigte Nagelsmann durchaus den Willen zur systematischen Flexibilität, bleibt aber wenn möglich dennoch zumeist in einer 4-2-3-1-Grundordnung, was auch damit zusammenhängt, dass er einer teils verunsicherten und unter Druck stehenden deutschen Mannschaft „Leichtigkeit“ und auch „Einfachheit“ zurückgeben möchte.
Gesamtbewertung
Deutschland wird als einer der Favoriten auf ein weites Fortschreiten im Turnier gehandelt. Nach drei enttäuschenden Turnieren will man sich wieder auf internationaler Bühne rehabilitieren. Dafür schreckt Julian Nagelsmann auch nicht vor harten Entscheidungen wie den Nichtnominierungen von Mats Hummels und Leon Goretzka zurück.
Bei seiner ersten großen Herausforderung als Bundestrainer setzt er auf die Mischung aus Erfahrung, die die älteren Spieler mitbringen, sowie der Formstärke der jungen und neuen Kicker, beispielsweise dem neuen Star der Mannschaft Florian Wirtz, wodurch mit den heimischen Fans im Rücken mindestens das Halbfinale als erreichbar erscheint.
Hinzu kommt außerdem, dass Deutschland natürlich weithin als „Turniermannschaft“ gilt, auch wenn es bei den letzten Großereignissen einige Tiefschläge zu verkraften gab. Mit dem eigenen Publikum im Rücken sollte dies aber wieder ein Faktor werden, der nicht verachtet werden darf.
Deutschland in Gruppe A
Freitag, 14.6., 21:00 | Deutschland – Schottland (München)
Mittwoch, 19.6., 18:00 | Deutschland – Ungarn (Stuttgart)
Sonntag, 23.6., 21:00 | Schweiz – Deutschland (Frankfurt)