Rest der Welt

Richard Windbichler im Interview: Auf zu einem neuen Fußball-Abenteuer

Seit Jänner 2017 schnürt [spielerprofil spieler=“Richard Windbichler“] für Ulsan Hyundai in der südkoreanischen K-League Classic die Fußballschuhe. Mit dem Werksteam kämpft er in drei Bewerben um einen Titel. Mit uns spricht er über seine ersten Monate in Südkorea und gibt Einblicke in eine fremde Fußballwelt.

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Herr Windbichler, vielen Dank, dass Sie sich für ein Interview mit 12terMann.at Zeit genommen haben. Sie sind im Winter nach Südkorea gewechselt, haben Sie sich bereits eingelebt, bzw. etwas von der Stadt mitnehmen können? Ulsan ist ja etwas kleiner als Wien, liegt dafür aber am Meer.

Ja, nach mittlerweile drei Monaten habe ich mich schon ganz gut eingelebt. Die Wohnung und der Trainingsplatz sind außerhalb von Downtown aber direkt am Meer, wo es sehr sauber und lebenswert ist. Auch von Kriminalität ist absolut keine Spur. Zuletzt war meine Familie zu Besuch, meine Mutter meinte, sie sei nun beruhigter, da sie gesehen hat, wie schön es sich hier leben lässt.

Ihr Wechsel im Wintertransferfenster kam – auch wenn Sie bei der Austria, wie Sie selbst gesagt haben, nicht glücklich waren, für viele überraschend. Wie hat sich der Transfer zu Ulsan Hyundai ergeben?

Das Überraschende am Transfer war ganz einfach die Destination. Immerhin bin ich ja der erste Österreicher, der in der K-League Fußball spielt. Schon zu Admira-Zeiten war ich am Radar von koreanischen Agenten, die regelmäßig durch Europa touren, nur damals sah meine Karriereleiter noch anders aus. Ulsan war auf der Suche nach einem Innenverteidiger und mein Profil hat mit den Kriterien des Traines übereingestimmt.

Was vielen in Österreich vielleicht nicht bewusst ist, die K-League Classic gilt im Moment als die stärkste Liga Asiens. Seit 1986 haben südkoreanische Mannschaften zehnmal die AFC Champions League gewonnen, auch die Nationalmannschaft hat als einzige Mannschaft Asiens seit 1986 an jeder Weltmeisterschaft teilgenommen. Ihr neuer Verein ist zudem durchaus erfolgreich, hat bereits dreimal die Meisterschaft gewonnen und einmal die AFC Champions League für sich entscheiden können. Waren diese Argumente ausschlaggebend für Ihren Wechsel?

Auf alle Fälle. Südkorea ist mit Japan die stärkste Fußballnation Asiens. Wir sind in drei Wettbewerben vertreten und haben bis zu 50 Spiele in dieser Saison. Und das Wichtigste ist, dass ich eine tragende Rolle in den Planungen des Trainers spiele. Ich spüre Vertrauen von allen Seiten und deshalb konnte ich auch auf Anhieb gute Leistungen bringen.

Blickt man von Europa auf den asiatischen Fußball, denkt man aktuell sofort an die chinesische Super League, die derzeit zahlreiche Stars mit absurden Gehältern ins Reich der Mitte locken. Sehen Sie in Südkorea Anzeichen, dass sich dies möglicherweise in den nächsten Jahren in dieselbe Richtung entwickeln könnte?

Nein, sehe ich nicht so. Die Sache ist die: China ist nun mal eben keine Fußballnation (noch nicht) und aus deisem Grund wollen sie mit internationalen Topspieler das Niveau der Liga bzw. des chinesischen Fußball verbessern. Das Niveau in Südkorea hingegen ist ganz gut und Transfers im Millionenbereich sind äußerst selten.

Sie haben in einem Interview mit laola1.at angegeben, dass Sie den Reiz verspürten etwas Außergewöhnliches anzugehen. Südkorea ist hinsichtlich Sprache und Kultur für einen Europäer durchaus Neuland, konnten Sie schon einen Sprachkurs besuchen.

Ja, in meinen ersten zwei Monaten hatte ich 2x wöchentlich einen Privatlehrer. Es reicht zumindest mal für Grundkenntnisse und ein paar Phrasen. Aber ein Koreanisch-Professor werde ich wohl keiner mehr werden.

Sie sind einer von nur vier Legionären im Kader, auch der Trainer ist Südkoreaner. Wie sieht die Kommunikation im Training bzw. auf dem Platz aus?

Ein Dolmetscher folgt uns auf Schritt und Tritt und übersetzt uns das Wichtigste. Aber manchmal ist es vielleicht eh besser, wenn man nicht alles versteht.

Wenn man sich die K-League Classic ansieht, so fällt sofort auf, dass in der Liga beinahe nur Werksclubs gegeneinander antreten. Viele südkoreanische Firmen haben „ihren“ oder „ihre“ Vereine in den obersten Ligen. Ulsan ist quasi das Werksteam von Hyundai. In Europa herrscht vielerorts massive Ablehnung gegenüber diversen Werksclubs, in Südkorea würde der Fußball ohne das Engagement der Industrie eigentlich nicht existieren. Sie kennen nun beide Situationen, wie beurteilen Sie die gegenwärtige Debatte über das Pro und Contra der Werksteams?

Damit befasse ich mich eigentlich gar nicht. Es hat hier keine Auswirkungen auf den Fanandrang, wie zum Beispiel bei Salzburg nach der Übernahme. Es scheint so, als wäre das nur in Europa von Bedeutung.

Mit Jeonbuk Hyundai Motors ist sogar noch ein Team in der K-League, das denselben Namensgeber wie ihr Team hat. Läuft man hier nicht Gefahr – ohne irgendetwas in den Raum stellen zu wollen -, dass es möglicherweise zu Interessenskonflikten kommen könnte?

Soviel mein Wissen hergibt, ist unser Sponsor „Hyundai Shipping“ und der Sponsor von Jeonbuk ist „Hyundai Motors“. Es ist zwar dieselbe Firma aber das Sponsoring läuft unabhängig voneinander.

In einem Interview aus dem Jahr 2016 hat der deutsche Trainer des südkoreanischen Nationalteams, Uli Stielike, konstatiert, dass das Zuschauerinteresse in Südkorea äußerst gering ist. Sie haben nun mehrere Spiele von Ulsan zumindest live miterlebt, wie ist diesbezüglich ihr Eindruck?

Ja, leider, das Zuschauerinteresse in Südkorea ist tatsächlich überschaubar! Ich kann aber nicht sagen, warum das so ist. Baseball ist in Korea Sportart Nummer Eins und erst dann kommt Fußball. Das ist natürlich schade, gerade weil die Stadien eigentlich viel bieten.

Haben Sie bereits erste Unterschiede gegenüber Österreich hinsichtlich der Trainingsgestaltung bzw. Spielintensität entdeckt?

Nachdem wir ja in drei Wettbewerben vertreten sind und dementsprechend viele Spiele haben, wird die Trainingsintensität gering gehalten. Die Spiele haben es körperlich in sich weil man sich zwischen den Spielen kaum Pausen gönnt. Die Matches werden hier immer am frühen Nachmittag gespielt, was gerade im Sommer bei großer Hitze für mich problematisch werden könnte, da man in Österreich ja zumeist Abends spielt.

Im Heimspiel der AFC Champions League gegen den Brisbane Roar FC durften Sie ihr Debüt für Ulsan Hyundai feiern, haben beim 6:0-Kantersieg gleich einen Assist geliefert. Der Einstand hätte wohl nicht besser laufen können?

Das war natürlich ein Traumeinstand! Wir haben einen super Tag erwischt, unglaublich gut gespielt und ich habe mich am Platz sehr wohlgefühlt. Es hat Spaß gemacht, versteht sich natürlich bei einem 6:0 Erfolg.

Betrachtet man die bisherigen Ergebnisse der AFC Champions League, stechen einige Kantersiege hervor. Wie ist das Niveau der asiatischen Champions League generell einzuschätzen?

Die hohen Ergebnisse verwirren mich auch ein wenig. Denn wir verloren gegen Kashima 2:0, gewannen gegen Brisbane 6:0 und jetzt besiegte Brisbane Kashima mit 2:1. Ein Grund dafür ist auf alle Fälle der Heimvorteil, denn die Australier fliegen zu jedem ACL-Auswärtsspiel mindestrens zehn Stunden.

Die K-League beheimatet zwölf Teams, drei Teams qualifizieren sich jährlich direkt für die AFC Champions League, eines darf in die Qualifikation. Zudem gibt es einen Fixabsteiger und ein Team, das in die Relegation muss. Die reguläre Saison umfasst 33 Spieltage, im Anschluss findet ein Meisterschafts- und Abstiegsplayoff statt. Welche Ziele hat sich Ihr Verein für die Saison 2017 gesetzt?

Das primäre Ziel ist auf alle Fälle, dass man die Meisterschaft so abschließt, dass man im nächsten Jahr wieder in der ACL spielen kann. Aber insgeheim hofft man in Ulsan schon auf einen Titel, in welchem Wettbewerb auch immer.

Was erwarten Sie sich von Ihnen persönlich, wohin soll die Reise für Sie gehen?

Für mich persönlich ist es wichtig, hier in Korea mit Leistungen zu überzeugen, der Mannschaft weiterzuhelfen und ich will mir einen Namen in der Liga machen. Wohin die Reise noch geht, ich weiß es nicht. Immerhin hätte ich vor einem Jahr nicht gedacht, dass ich heute in Korea sitze.

Herr Windbichler, vielen Dank für das Interview.

Sehr gerne.

 

(Das Interview wurde von Christian Semmelrock per Mail geführt)

 

 

 

 

 

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Christian Semmelrock

 

Christian SEMMELROCK
(Redaktion / Charity)

Bei 12terMann seit: 11/2013

M: christian.semmelrock@12terMann.at

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