#Einwurf: Eine Meinung zur Posse um die ÖFB-Teamchefsuche
Weißer Rauch über dem Happel-Oval – wir haben einen Neuen! Franco Foda heißt der gute Mann. Und wieder sickerten schon vorab Details durch: Bereits um kurz vor 17:30 berichteten „Krone“ und „Sky“ übereinstimmend, dass die Wahl auf den Deutschen fiel. Offiziell verkündet wurde dies aber erst eine Stunde später auf der Pressekonferenz des ÖFB durch Präsident Leo Windtner.
Titelbild: © By Steindy 13:19, 18. Apr. 2009 (CEST) (Own work) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons, edited
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Die „bösen“ Medien
Ein weiterer Fauxpas nach den viel zu vielen in den letzten Wochen. Freilich erneut ein gefundenes Fressen für die Presse. So sehr mancher Landespräsident sich über die Medien beklagte (Herbert Hübel, Landespräsident Salzburg: „Euch kann man ja eh nix recht machen“), waren es doch ausgerechnet die Medien, welche eine totale Selbstdemontage des ÖFB verhinderten. Durch ihre Berichterstattung in den letzten Wochen scheinen sie einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Perspektiven von Andi Herzog genommen zu haben, schließlich galt dieser lange als der Top-Favorit auf das höchste Traineramt im Lande. Eine totale Selbstdemontage deswegen, weil Herzog im Vorfeld ja von mehreren ÖFB-Verantwortlichen öffentlich in Stellung gebracht worden war.
Eine Bestellung des Rekordteamspielers hätte womöglich den Tropfen bedeutet, welcher das mediale Fass zum Überlaufen gebracht hätte. Markus Kraetschmer war schlau genug, die Bundesliga-Spitze rechtzeitig auf Linie zu bringen und Foda somit in die Pole Position zu hieven, um den berühmten Schuss ins eigene Knie zu verhindern. Das alles einmal abgesehen davon, dass bei Kraetschmers „Ersatz“ Hans Rinner als ehemaligem Sturm-Präsidenten ohnehin nicht schwer zu erraten war, für wen er votieren würde.
Franco Foda – ein Kompromiss?
Angesichtes der Alternative Herzog ist der Deutsche sicher keine schlechte Wahl. Mit Foda einigte sich das ÖFB-Präsidium auf den – so scheint’s – kleinsten gemeinsamen Nenner, nachdem klar geworden war, dass sich für Herzog keine Mehrheit finden würde. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten, wurde im Rahmen der Abstimmung zwischen Herzog und Foda aus einem 9:4 (pro Foda) ein (sch)einstimmiges 13:0 – ein Umstand bei dem in mir eilends Gedanken an die (ACHTUNG!) Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung wach wurden. Zuvor hatten ja bereits Peter Stöger (wollte in Köln bleiben) und Markus Weinzierl (konnte den Vertrag mit Schalke nicht aufösen) abgesagt.
Mit dem baldigen Ex-Sturm-Coach übernimmt nun immerhin ein Mann das Ruder, bei dem das vielgescholtene Argument der Verhaberung nicht oder nur wenig zutrifft. Seine bisherigen Berührungspunkte mit dem ÖFB waren gegenüber jenen von Andi Herzog eher marginal. Foda gilt als Freund klarer Worte, der konsequent seiner Linie treu bleibt und sich von Obrigkeiten nicht gerne dreinreden lässt.
Doch ehe man voreilige Schlüsse zieht, sollte man dem neuen starken Mann nun – schon allein aus Gründen der Fairness – einmal die Gelegenheit geben, sich zu beweisen. Dass Franco Foda erfolgreich arbeiten kann, hat er bei Sturm Graz bewiesen, nun hat er die Gelegenheit sich auf der großen internationalen Bühne zu präsentieren. Jedoch müssen er und auch der neue Sportdirektor Peter Schöttel schon vor ihren ersten Bewährungsproben mit Gegenwind rechnen.
Foda deswegen, weil ihm nach den Aussagen von Schöttel und Windtner über den Kontakt zu Peter Stöger („Haben täglich miteinander gesprochen und die Situation neu evaluiert“) sogleich das „Nr. 1B-Taferl“ umhängt. Unweigerlich überkam einen das Gefühl, dass man Stöger ja sowieso viel lieber gehabt hätte. Den Aussagen des Präsidenten („Wir haben aus den zur Verfügung stehenden Kandidaten den Besten ausgewählt“) ist obendrein zu entnehmen, dass die Entscheidungsfindung nicht so klar war, wie er propagiert. Die Wortwahl Windtners lässt die Vermutung zu, dass bei einer Option Stöger die Wahl womöglich anders ausgefallen wäre. Es wird nicht zuletzt an Foda selbst liegen, diesen Nimbus abzustreifen, zuzutrauen ist ihm dies aber allemal.
Schöttel dagegen muss sich vor einigen Landespräsidenten wappnen. So ist aus ÖFB-Kreisen zu vernehmen, dass die Herren Sedlacek (Wien), Hübel (Salzburg), Milletich (Burgenland) und Geisler (Tirol) gegen den von Schöttel vorgeschlagenen Foda gewesen sein sollen. Hierbei handelt es sich aber um exakt jene Landeskaiser, welche Schöttel mit ihren Stimmen zu seinem neuen Job verhalfen.
Ein spannendes Detail
Auffällig ist auch, wie sich Sturm-Präsident Christian Jauk zum Abgang seines Coaches äußerte: „Richtig ist, dass wir eine Ablöse erhielten.“ Diese Aussage tätigte er nur wenige Stunden, nachdem die Wahl auf seinen scheidenden Langzeittrainer fiel. Hier stellt sich mir die Frage, warum er unmittelbar nach der Bestellung von Foda schon in der Vergangenheitsform („erhielten“) spricht. Zufall, oder steckt da mehr dahinter? Aus welchem (einleuchtenden) Grund sollte Jauk in der Vergangenheit sprechen? Wusste man aufseiten der Grazer etwa schon früher Bescheid als am Montag? Es mutet allenfalls ungewöhnlich an, dass man noch am selben Tag beginnt sich in dieser Form auszudrücken. Möge sich jeder selbst sein Bild machen. Mich jedenfalls irritieren solche Aussagen, was aber auch daran liegen mag, dass sich für Wortspenden rund um die Causa Teamchef in den letzten Wochen eine besondere Sensibilität entwickelt hat.
Kommunikation ist (nicht) alles
Die Vorgehensweise von Peter Schöttel auf der montäglichen Pressekonferenz wollte mir ebenfalls nicht aus dem Kopf gehen. In einem solchen Umfang auf die Einzelheiten der Kontakte mit den Teamchef-Kandidaten einzugehen, ließ mich doch etwas erstaunt zurück. Ging es ihm darum sein Profil zu schärfen? Wollte er das, was er bei seiner Antrittsrede (Stichwort: Kein Konzept) verabsäumt hatte gegenüber den Medienvertretern wiedergutmachen? Für derlei Pressekonferenzen ist es höchst ungewöhnlich, dass man ein solches Quantum an Redezeit für solche Inhalte verwendet.
Es beschleicht einen unweigerlich das Gefühl, dass ihm im Umgang mit den Medien noch die eine oder andere Erfahrung hinsichtlich seiner neuen Position fehlt. Wenn sein Verhalten darauf abgezielt hat seine Kompetenz hervorzustreichen, dann hat er sich (und auch Peter Stöger bei Köln) damit eher keinen Gefallen getan.
Kommen wir in diesem Zusammenhang nochmals zum bereits mehrfach angesprochenen Leo Windtner, seines Zeichens Pressesprecher – pardon – Vorsitzender des ÖFB-Präsidiums. Es wirkte schon bemerkenswert, mit welch Nachdruck er gleich in seinen ersten Sätzen auf der montäglichen Pressekonferenz die Professionalität und Einigkeit innerhalb des Verbandes hervorzukehren suchte:
- „Dem Ganzen ist sicherlich ein sehr strukturierter Prozess vorangegangen“
- „Die Arbeitsgruppe hat hier nachhaltig die Selektion ausgeführt“
- „Es war hier sehr konstruktive Arbeit festzustellen“.
„Man kann nicht nicht kommunizieren“, so sprach’s einst der weltbekannte österreichische Philosoph Paul Watzlawick. Nichts liest der Mensch besser als die Körpersprache und man merkte Windtner in all seiner Mimik und Gestik (große, weite Bewegungen, weit offene Augen, etc.) an, dass hier möglicherweise eine Inkongruenz zur Realität vorherrscht. All das wirkte so, als wolle er seine Zuhörer geradezu nötigen seinen Worten doch bitte Glauben zu schenken.
Das Ensemble verliert zwei weitere Stützen
Glauben schenken muss man (leider) auch [spielerprofil spieler=“Zlatko Junuzovic“] und [spielerprofil spieler=“Martin Harnik“], die wir nach ihren Rücktritten schmerzlich vermissen werden.
In seiner diesbezüglichen Botschaft schloss der Bremer Kapitän einen Zusammenhang mit der ÖFB-Posse zwar aus, sein Abschied wirkte auf mich aber eher so als wolle er unter diesen Umständen dieses Opfer nicht mehr auf sich nehmen. Auch der Zeitpunkt seines Abschieds hinterlässt diesen bitteren Beigeschmack.
Machs gut Zladdi und alles erdenklich Gute, vielleicht überlegst du’s dir irgendwann ja doch nochmal anders wie einst der ewige Ivo Vastic. Wobei: Wir brauchen ja jetzt ohnehin einen Nachfolger für unsere Nummer 10: Herr Foda, berufens doch bitte den Vastic ein, weil wenn wir schon dabei sind alles zu ändern, dann doch bitte ordentlich (Sarkasmus Ende).
Deutlicher erschien mir dagegen der Rücktritt von Martin Harnik. Offiziell zieht sich der Teilnehmer der Euro 2008 aus „gesundheitlichen und familiären Gründen“ zurück. Nicht nur hinsichtlich des Zeitpunkts hat dieser Schritt ein „Geschmäckle“. Auch aus dem Grund, dass sich der Hannoveraner bereits im Zuge der Ablösen von Marcel Koller und Willi Ruttensteiner gegenüber Sky („Ich habe das Gefühl, dass jetzt alles zusammenbricht„) besonders kritisch zu Wort gemeldet hat. Vor diesem Hintergrund überrascht sein Abschied aus der Nationalelf nur beschränkt.
Auch Dir, lieber „Maddin“ nur das Beste. Du wirst stets (nicht nur) mein „Lieblings-Piefke“ bleiben. Deinen Rücktritt kann ich nur zu gut nachvollziehen, unglaublich dass es schon zehn Jahre sind, die du den Rot-Weiß-Roten Kick bereichert hast. Und doch kommt es mir wie gestern vor als du bei deinem Teamdebüt mit deinen zarten 19 Jahren den etablierten Welttorhüter Petr Cech wie einen „Lehrbuam“ aussehen ließest. Auf Bald, Hanno!
Doppelt hält besser – auch moralisch?
Apropos nicht mehr Teil des ÖFB. Noch ein Wort zu Willi Ruttensteiner: Liebe ÖFB-Verantwortliche, Ihnen ist schon klar, dass jetzt unzählige Vereine und Verbände sich die Hände reiben, da sie, liebe Landespräsidenten von Wien, Burgenland, Tirol, Salzburg und Vertreter der Bundesliga, einen der profiliertesten Fußballfachleute unseres Landes wie einen streunenden Hund vor die Tür gejagt haben! Frei nach dem Motto „Der Prophet im eigenen Lande ist nicht viel Wert“. Aber dafür wollte man ja eh Andi Herzog zum Teamchef machen – es lebe die Doppelmoral!
Dazu noch einmal herzliche Gratulation!
Schließen möchte ich mit einem Zitat von Manfred Hinrich:
„Geniale Menschen finden sich nur im Chaos zurecht“
In diesem Sinne: Alles Gute Franco Foda!
Ich verneige mich und danke für Eure Aufmerksamkeit,
Euer
René Dutchy
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