Interview mit Hermann Stadler und Mario Huemerlehner
Lienhart, Huemerlehner und Trainervorbilder
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Wie beobachten Sie die Entwicklung von Lienhart?
Stadler: Lienhart ist im letzten Jahr von Null auf Hundert gestartet. Davor war er in der U19 von Rapid nur dritter Innenverteidiger, hat sich aber extrem entwickelt und immer durchgebissen und ist auch von uns einmal einberufen worden. Er hat eine Partie gespielt und ist danach schon mit Andreas Heraf zur U19 Europameisterschaft in Ungarn mitgefahren. Plötzlich ist er zu Real Madrid gewechselt und ist dadurch erst bekannt geworden. In Madrid hat er bereits seinen nächsten Schritt gemacht und ich glaube, dass er ein Spieler mit sehr viel Potential ist. Aber jetzt muss man abwarten, ob er in Madrid bleibt und vielleicht zu einem Zweitligisten in Spanien verliehen wird oder zurück zu Rapid geht. Aber Lienhart ist mit beiden Füßen am Boden, hat eine super Einstellung, ist hoch professionell und ist überhaupt nicht überheblich oder arrogant, weil er jetzt bei Real ist. Ich glaube, dass Lienhart Potential für ganz oben hat.
Huemerlehner: Da gibt es eine nette Geschichte mit Timo Werner (VfB) beim Spiel gegen Deutschland in der ersten Qualifikations-Runde beim Stand von 4:1 für Österreich. Er fragte Philipp, was er von ihm will, wer er ist und wo er überhaupt spielt. Als Philipp mit Real Madrid geantwortet hat, war er auf plötzlich ganz still.
Stadler: Da hat er genau den falschen Spieler erwischt (lacht).
„Lienhart hat Potential für ganz oben.“ – Hermann Stadler
Im ÖFB scheint gerade viel richtig zu funktionieren. Drei Nachwuchsteams haben sich dieses Jahr für eine Endrunde qualifiziert. Das A-Team ist am besten Weg zur Europameisterschaft in Frankreich. Gibt es überhaupt noch Verbesserungspotential beim ÖFB?
Stadler: Verbesserungspotential wird es immer geben. Wenn man sich mit dem zufrieden gibt was man erreicht hat, ist das ein Stillstand und Stillstand ist für mich Rückschritt. Das Schwierigste ist es diese Leistungen zu bestätigen. Mit Sportdirektor Willi Ruttensteiner ist ein Mann am Werk, der nicht locker lässt, immer das Letzte fordert und Schritt für Schritt das System im ÖFB verbessert. Ich glaube auch nicht, dass die aktuellen Erfolge Eintagsfliegen sind, sondern nur durch gute Arbeit im ÖFB möglich gemacht wurden. Aber man darf die Arbeit in den Landesverbänden nicht unterschätzen, auch sie haben einen großen Anteil am Erfolg. Trainieren können die Spieler nur bei ihren Verein. Wir beim Nationalteam können eigentlich nur Matchvorbereitung machen und versuchen Harmonie und Organisation in die Mannschaft zu bekommen.
Herr Huemerlehner, Sie sind seit 2012 beim ÖFB, mit 36 Jahren sind Sie noch ein sehr junger Trainer. Der Erfolg gibt dem Trainerduo Stadler und Huemerlehner trotzdem recht. Ist es vielleicht die Mischung aus Erfahrung und neuen Methoden die den Erfolg ausmacht?
Huemerlehner: Das ist schwierig zu beurteilen, da mein Beitrag relativ gering ist.
Stadler: Das stimmt nicht.
Huemerlehner: Mein Beitrag teilt sich auf Vieles auf und trotz allem sind es die Spieler, die letztendlich dann am Feld stehen und das umsetzen müssen. Man kann im Trainer- und Betreuerteam noch so professionell arbeiten, aber wenn die Spieler das nicht umsetzen, bist du als Trainer auch nicht erfolgreich.
Stadler: Mario arbeitet extrem akribisch und gibt sich nicht so schnell zufrieden. Es ist sehr wichtig, dass er immer dahinter ist und alles einfordert. Er ist zu bescheiden.
Huemerlehner: Ohne Detailarbeit kannst du dich nicht absetzen. Ernst Happel hat einmal einen netten Spruch geäußert: „Arbeit alleine ist der Preis, für den du dir deinen Erfolg kaufen kannst.“ Demzufolge genügt es nicht Fachkompetenz zu haben, sondern du musst permanent an deiner Arbeit feilen. Wer das letztendlich besser macht wird einen Vorteil gegenüber anderen Teams herausarbeiten können und wenn das die Spieler umsetzen, dann ist Erfolg bis zu einem gewissen Prozentsatz planbar.
„Erfolg ist bis zu einem gewissen Prozentsatz planbar.“ – Mario Huemerlehner
Sie haben nie im Profifußball gespielt und erinnern daher an Trainer, wie zum Beispiel Klopp, Tuchel und Schmidt. Ist diese erfolgreiche, junge Trainergeneration ein Vorbild für Sie?
Huemerlehner: Vorbild ist für mich ein Trainer nicht durch seine Vergangenheit, sondern durch seine Arbeit. Tuchel ist mit Sicherheit jemand zu dem ich hochschaue, seine Arbeit schätze ich sehr. Er scheint ein sehr begabter Trainer zu sein, auch wenn ich keinen genauen Einblick aus der Ferne habe. Aber ein konkretes Trainervorbild habe nicht wirklich. Man nimmt sich als Spieler gewisse Dinge von Trainern mit, genauso schaue ich mir vom Hermann Stadler gewisse Sachen ab.
Ist es in Österreich schwerer als Trainer geschätzt zu werden, wenn man kein Profifußballer war?
Huemerlehner: Das ist kein rein österreichisches Phänomen. Es ist allgemein von Vorteil, wenn man früher als Profifußballer unterwegs war. Man hat ein viel größeres Netzwerk und dadurch fällt der Zugang zum Trainergeschäft logischerweise leichter. Hermann kennt zum Beispiel viel mehr Leute als ich, das ist natürlich ein Vorteil den man in die Trainerkarriere mitnehmen kann. Es schaffen jedoch nicht alle dieses Wissen und die Kontakte zu transferieren.
Könnten Sie sich längerfristig vorstellen einen Verein zu trainieren?
Huemerlehner: Ich habe unlängst erst gesagt, mein Ziel als Trainer ist es unabhängig von irgendeinem Verband oder Verein mit meinen eigenen Ideen vom Fußball zu leben. Ein konkretes Ziel habe ich nicht. Die Arbeit die ich mache wird mich schon dort hinbringen, wo es hingehen soll. Ich versuche meine Arbeit vernünftig und akribisch zu machen, dann ergibt sich das meiste von alleine.
Sie haben die komplette Trainerausbildung durchlaufen und die UEFA-A-Lizenz mit Auszeichnung bestanden. Wie unterschiedlich ist die Trainerausbildung in Österreich und Deutschland?
Huemerlehner: Das kann ich überhaupt nicht vergleichen, weil ich die Trainerausbildung im DFB nicht kenne und meine A-Lizenz liegt mittlerweile sieben Jahre zurück. Ich bin der Meinung, dass wir eine gute Trainerausbildung haben. Wie sie momentan inhaltlich im Detail aussieht kann ich jedoch nicht sagen. Wenn sich ein junger Trainer in Österreich ausbilden will, hat er die perfekte Möglichkeit sich gewisse Kompetenzen anzueignen. Wichtig ist jedoch trotz allem wieder das aktive Arbeiten am Platz, die eigene Erfahrung. Die Trainerausbildung liefert nur das Fundament.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Nachwuchs- und A-Teamtrainern? Muss man Nachwuchsspieler erziehen?
Stadler: Ja, junge Spieler muss man erziehen. Gerade in der ersten Phase, der Pubertät, kommen viele Einflüsse dazu. In der zweiten Phase, im Alter von 18-19 Jahren, bekommen dann die Spieler ihre ersten Jungprofi-Verträge. Das ist nicht leicht, wenn einer mehr als der andere verdient. Die Spieler sprechen ja auch untereinander. Deswegen muss man als Trainer schon oft positiv einwirken. Das Verhältnis zu den Spielern ist daher sehr wichtig. Wir tauschen uns mit den Spieler nicht nur während der Lehrgänge aus, sondern sind ständig mit ihnen im Kontakt.
Huemerlehner: Die Art die du als Trainer vorlebst und welche Einstellung du vertrittst, ist eigentlich das Erziehen. Wir stehen für Disziplin, eine gewisse Arbeitshaltung, aber auch für Spaß. Das Leben wir auch vor und da bedarf es auch keinen großartigen Diskussionen. Die Spieler sehen, hier wird vernünftig gearbeitet. Das wird auch von uns verlangt und deswegen zeigen wir auch hundert Prozent Engagement und Leidenschaft.
Stadler: Ich glaube man kann hart zu den Spielern sein, muss dabei aber gerecht sein. Die gleichen Regeln müssen für alle gelten. Man muss den Spielern auch, egal wie alt, Respekt zeigen. Gegenseitiger Respekt ist für mich extrem wichtig.
„Im Alter von 18-19 Jahren bekommen dann die Spieler ihre ersten Jungprofi-Verträge. Das ist nicht leicht, wenn einer mehr als der andere verdient.“ – Hermann Stadler