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Die Akte Arnautovic – Joker oder Stammelf?

Nur wenige Spieler polarisieren die Fußballgemeinde so sehr wie Marko Arnautovic. Der 22jährige Österreicher, dessen Marktwert aktuell bei EUR 6,5 Mio. liegt, kommt derzeit beim SV Werder Bremen nur als Joker zum Einsatz – das jedoch durchaus erfolgreich. Aber warum setzt Thomas Schaaf trotzdem derzeit lieber auf Markus Rosenberg und bringt „Arni“ immer erst in der zweiten Halbzeit ins Spiel?


Fanprotest gegen die Aufstellung

In der Fangemeinde von Werder Bremen stößt die Entscheidung von Langzeittrainer Thomas Schaaf, derzeit von Beginn an auf das Sturmduo Pizarro/Rosenberg zu setzen, jedoch auf großes Unverständnis. In einer vom „Weser Kurier“ durchgeführten Umfrage unter 3500 Fans sprechen sich 80% für Arnautovic statt Rosenberg in der Stammelf aus – sieht man sich die Kommentare auf der facebook-Fanseite von Werder an, so kann man sogar von deutlich über 90% sprechen. Warum gehen die Meinungen von Trainer und Fans also so extrem auseinander, wer liegt hier falsch?


Geschichte

Um sich ein genaues Bild von der Situation zu machen, muß man natürlich auch die Historie von Marko Arnautovic etwas beleuchten. Der Österreicher, dem von allen Experten einhellig außergewöhnliche technische Fertigkeiten bescheinigt werden, ist in der Vergangenheit – vor allem abseits des Fußballfeldes – durch einige Eskapaden aufgefallen. Diese sind einerseits seiner Jugend, andererseits seinem Naturell geschuldet. Nach seinem bedingt erfolgreichen Engagement bei Inter Mailand wurde er von Werder Bremen unter Vertrag genommen, wo das Duo Allofs/Schaaf das enorme Potential des Österreichers erkannt, aber sich auch der Aufgabe bewusst war, den jungen Mann in mancher Hinsicht auch menschlich in stabile Bahnen zu lenken. Für Arnautovic das Beste, was ihm geschehen konnte. Während er letzte Saison noch sehr unterschiedliche Leistungen zeigte und vielmals im Boulevardteil der Presse Schlagzeilen machte, brachte die teilweise väterliche Fürsorge von Allofs/Schaaf in der aktuellen Spielzeit erstmals erkennbare Früchte. Obwohl er im Herbst zu seiner stärksten Zeit durch ein Rotsperre von drei Spielen etwas zurückgeworfen wurde und in der Winterpause krankheits- bzw. verletzungsbedingt einige Zeit ausfiel, brachte Arnautovic es bisher auf sechs Tore. 


Status quo

Warum also setzt Thomas Schaaf derzeit nach wie vor lieber auf den zuletzt als Chancentod bezeichneten Markus Rosenberg? Sehen wir uns zu diesem Zweck einmal einen kurzen Videobericht von Sky an, der gestern im Vorfeld des Spiels SV Werder Bremen gegen den 1. FC Nürnberg lief.

http://vimeo.com/37455467


Thomas Schaaf sieht also Markus Rosenberg derzeit als den konstanteren und verlässlicheren Spieler, aber lässt sich diese Aussage auch mit Fakten belegen? Zu diesem Zweck betrachten wir jetzt einmal die letzten drei Spiele, um einen kleinen Einblick auf die jeweilige Form der Kontrahenten zu bekommen:

Legende
Min (Einsatzminuten)
TS (Torschüsse)
TSV (Torschussvorlagen)
ZK (gewonnenen Zweikämpfe in Prozent)
PQ (erfolgreiche Pässe in Prozent)
BK (Ballkontakte absolut)
Dist. (gelaufene Kilometer während der gesamten Einsatzminuten)
Dist. hoch. (gelaufene Kilometer auf 90 Minuten hochgerechnet)
Läufe (intensive Läufe)

Spr. (Anzahl der Sprints)
Vavg (Durchschnittsgeschwindigkeit während der gesamten Einsatzminuten in km/h)  

Leistungsdaten
Name Gegner Min. Tore Assists TS TSV ZK PQ BK Dist. Dist. hoch. Läufe Spr. Vavg
Marko Arnautovic TSG 1899 Hoffenheim 90+ 1 0 3 1 39,1% 66,7% 53 11,0 11,0 63 26  7,06
Markus Rosenberg TSG 1899 Hoffenheim 90+ 0 1 2 2 45,5% 71,4% 42 10,9 10,9  56 23  6,98
Marko Arnautovic Hamburger SV 19 1 0 20,0% 100%  10  2,7  12,8 18  7,38 
Markus Rosenberg Hamburger SV 71 0 1 13,3%  78,6%  25  8,5  10,8  53  16  7,20 
Marko Arnautovic 1. FC Nürnberg 34 0 0 2 0 50,0% 88,2% 24 5,0 13,2 32 10 7,67
Markus Rosenberg 1. FC Nürnberg 56 0 0 2 3 40,0% 80,0% 32 7,4 11,9 33 8 8,03


Bei genauerer Betrachtung der Zahl ist eigentlich kein wesentlicher Vorteil zu finden, der für Rosenberg spricht – ganz im Gegenteil. In Sachen Laufleistung (zurückgelegte Distanz, intensive Läufe, Sprints) gibt es klare Vorteile für den Österreicher, auch bei der Zweikampfbilanz und der Passquote hat er im Vergleich meist die Nase vorn – von der Effizienz vor dem Tor ganz zu schweigen.


Warum also setzt Thomas Schaaf trotzdem auf Rosenberg neben Pizarro in der Startelf? Ist die angesprochene Konstanz von Rosenberg womöglich in der Mannschaftsdienlichkeit zu erklären? Sehen wir uns die Heatmap des letzten Spiels an, vielleicht bekommen wir da genauere Aufschlüsse:
 

   
(Quelle: IMPIRE AG)

Bei Markus Rosenberg erkennt man doch eine Fokussierung auf die Zentrale/Offensive, während Marko Arnautovic natürlich auch offensiv ausgerichtet ist, aber eigentlich überall am Platz zu finden ist, sich die Bälle sehr oft auch von hinten holt und alle Mannschaftsteile unterstützt. Bei der Farbgebung ist zu berücksichtigen, dass Rosenberg deutlich länger am Platz war und dadurch auch die Farben intensiver sind.

Fazit

Markus Rosenberg ist zwar nicht der Katastrophen-Spieler, als der er von der Werder-Fangemeinde dargestellt wird, allerdings greifen die (öffentlichen) Argumente von Thomas Schaaf angesichts dieser Analyse auch nicht wirklich. Aus unserer Sicht spricht also nichts gegen die Variante Pizarro/Arnautovic in der Startelf – aber vielleicht ist es ja nächste Woche schon so weit!?


(Autor: thelex)

Alexander Doubek

Alexander DOUBEK (Gründer/Chefredakteur) Bei 12terMann seit: 09/2011 M: alexander.doubek@12termann.at T: @AlexanderDoubek  

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