Deutschland

INTERVIEW: Manuel Prietl: „Ich bin ein Typ, der gerne träumt“

[spielerprofil spieler=“Manuel Prietl“] gelingt mit Arminia Bielefeld der Sprung in die 1. Deutsche Bundesliga. Im Gespräch mit 12terMann.at spricht der Steirer über seine Vorfreude, seine Mentalität und Ambitionen, vielleicht doch noch auf den EM-Zug 2021 aufzuspringen.

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12terMann.at: Herzliche Gratulation zum Aufstieg in die 1. Bundesliga, bitte erzählen Sie wie Ihre letzten Tage seitdem Fixieren abgelaufen sind – wie ist gefeiert worden?

Manuel Prietl: Vielen herzlichen Dank! Es ist unglaublich, was wir geschafft haben, ein Kindheitstraum ist für mich in Erfüllung gegangen. Die letzten Tage waren eine Achterbahnfahrt der Gefühle, nach dem Sieg gegen Dresden haben wir schon gewusst, das reicht jetzt – wir steigen auf, da haben wir schon im kleinen Kreis gefeiert. Am Montag gab es dann noch eine kleine Feier nur intern und unter Einhaltung aller Coronaregeln und am Dienstag hat es einen Autokorso von Fans in Bielefeld gegeben – da sieht man, wie die ganze Stadt mit dem Fußball mitlebt.

War Angst da, dass die grandiose Saison durch Corona abgebrochen wird und alles umsonst war?

Bei uns war die Angst nie da, weil man schon 25 Runden gespielt hat, man konnte die Saison ja nicht mehr ganz absagen. Es war immer nur schwierig zu wissen, wann es nun endlich losgeht. So mussten wir in wenigen Wochen ohne Spiel die Vorbereitung absolvieren, die man sonst nur durch Freundschaftsspiele bekommt – doch uns ist das gut gelungen. Wir waren die konstanteste Mannschaft nach Corona und sind daher auch sehr verdient Meister geworden.

Sie gehören noch zu den Fußballern, die keine Akademie durchlaufen haben – war das ein Vorteil?

Ich habe nicht den einfachsten Weg gewählt, habe sehr gute Trainer gehabt – mit 16 konnte ich bereits regelmäßig in der Landesliga spielen unter Stefan Dörner, der mir sehr geholfen hat. Einige Profis haben nie eine Akademie besucht, zum Beispiel [spielerprofil spieler=“Thomas Goiginger“], [spielerprofil spieler=“Thorsten Röcher“] oder [spielerprofil spieler=“Reinhold Ranftl“]. Es ist ein steinigerer Weg, aber man kann keinen Weg als falsch bezeichnen. Am Ende wird sich auch in einer Akademie nur der durchsetzen, der den unbedingten Willen hat. Die Mentalität macht viel aus und ich will mit meinem Beispiel Leuten Kraft und Mut geben, die vielleicht 20 sind und noch nicht entdeckt wurden.  

In ihrer Jugend waren Sie beim SV Gleinstätten Stürmer – wie ist es zum Positionswechsel gekommen?

Je höher das Liganiveau wurde, desto defensiver wurde ich. In meiner Jugend habe ich noch viele Tore gemacht, aber der Positionswechsel hat sich so ergeben. Durch meine Zweikampfstärke, Laufstärke und meine Fähigkeiten im Passspiel bin ich auf meiner Position sehr gut aufgehoben.

Verfolgen Sie derzeit eigentlich Ihren Ex-Klub TSV Hartberg noch ab und zu – die liefern ja auch mit einem verhältnismäßig kleinen Kader eine Wahnsinnssaison ab?

Ich verfolge generell den österreichischen Fußball, weil ich ihn sehr liebe, egal ob Hartberg oder auch Mattersburg, für die ich ja auch gekickt habe. Bei Hartberg finde ich es beachtlich, was mit dem geringen Budget geleistet wird – da arbeitet der Trainerstab und die Mannschaft einfach ausgezeichnet.

Könnten Sie sich eine Rückkehr vorstellen?

Sag niemals nie, mein Ziel ist es natürlich so lange wie möglich in Deutschland zu spielen und mein bestes zu geben. Meine Frau und ich fühlen uns hier auch wohl, unsere Tochter ist hier geboren, aber unseren Mittelpunkt sehen wir in Österreich und deswegen kann ich mir eine Rückkehr schon mal vorstellen.

 

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Sie sind immerhin laut dem Kicker der beste defensive Mittelfeldspieler der 2. Liga – was sind die Ziele für Liga 1?

Das ehrt mich natürlich, aber es hat viele andere Spieler gegeben, die auch sehr stark waren und auch Mitspieler wurden in ähnlichen Kategorien hochgereiht. Ich mache mir persönlich nichts aus solchen Auszeichnungen, für mich ist es wichtiger, wenn der Trainer sagt ich spiele gut oder schlecht und der Mannschaftserfolg ist zudem über alles zu stellen. In der Bundesliga möchte ich so viele Spiele machen, wie möglich und dabei Momente sowie Erinnerungen sammeln – da ist die Vorfreude schon riesig.

Ist die EM kommendes Jahr ein Thema? Als frischgebackener Erstligist, dürfte die Verschiebung ja genau Richtung kommen?

Ich habe mich dieses Jahr damit gar nicht beschäftigt, ich war zu fokussiert auf die Arminia und habe immer nur unser klares Ziel im Kopf gehabt. Aber sag niemals nie, ich bin ein Typ, der gerne träumt und werde natürlich versuchen durch starke Leistungen in Liga 1 auf mich aufmerksam zu machen, auch wenn es auf meiner Position starke Spieler gibt, die schon seit Jahren in der Bundesliga Erfahrung haben. Ich werde trotzdem hart daran arbeiten und alles geben und dann werden wir sehen, wozu es reicht.

Gab es schon mal Kontakt mit Franco Foda?

Bisher noch nicht.  

Finanziell war es um die Arminia zwischendurch schon schlechter bestellt – wie ist die Stimmung im Verein, wenn es um das Geld geht und wie war sie während Corona?

Ich bin seit vier Jahren da. Als ich gekommen bin, waren gerade turbulente Zeiten und haben wir erst in den letzten 15 Minuten den Klassenerhalt geschafft. Seitdem uns eine Investorengruppe aus Nord-Rhein-Westfalen unterstützt, läuft es finanziell wieder besser und während der Corona-Zeit hatte jede Mannschaft sicher eine Herausforderung zu bewältigen, aber da muss man als Team zusammenhalten.

Haben Sie auf Ihr Gehalt verzichtet?

Natürlich nicht auf alles, aber auf einen Teil schon. Es ging darum, Leute im Verein zu halten und da haben alle mitgeholfen.  

Die Arminia war bisher eine klassische Fahrstuhlmannschaft, was muss nun passieren, dass man sich in Liga 1 etabliert?

Wir sind sicher ein Underdog – unser Sportdirektor hat das richtig formuliert mit „wir sind ein Schlauchboot unter 17 Motorbooten“. Aber wir haben einen gefestigten Kader und haben es geschafft, als Team zusammenzuwachsen und zu punkten. Und wenn wir weiter so stark als Team auftreten ist alles drin.

Auf welchen Gegner freuen Sie sich am meisten in Liga 1?

Generell freut sich jeder auf die Bundesliga. Ich hoffe, dass es dann wieder mit Fans losgeht, dass wir das alles so richtig aufsaugen können und genießen können. Ich freue mich selbst auf Spiele in allen Stadien gegen alle Mannschaften sei es Köln, Dortmund, Bayern oder Gladbach.

Tobias Kurakin

  Tobias Kurakin (Redaktionsleitung) Bei 12ter Mann seit 3/2018