Nationalteam

Können sich Marcel Koller und der ÖFB neu erfinden?

Reflexionsfähigkeit

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Die Frage nach der Selbstreflexion

Bis zum Ende der erfolgreichen Qualifikation zur Europameisterschaft überzeugte die österreichische Equipe mit dem für sie mittlerweile bekannten Spielstil. Erstmals begann dieses Konstrukt beim Freundschaftsspiel gegen die Schweiz zu bröckeln, seitdem ging es sichtbar bergab. Innerhalb der letzten zwölf Monate setzte es mehr Niederlagen (sieben) als Siege und Unentschieden zusammen (drei bzw. zwei). Woran dies liegen mag, kann von Außenstehenden schwer erörtert werden – möglicherweise hat sich nach der sensationell absolvierten Qualfikation ein gewisses Sättigungsgefühl breitgemacht, dem der Hunger nach Erfolg und Weiterentwicklung weichen musste. Vielleicht war auch der innere Druck ein großer Faktor.

Augenscheinlich ist allerdings die Tatsache, dass die verpatzte Europameisterschaft von außen erkennbar größtenteils nicht aufgearbeitet, sondern lediglich beiseitegeschoben wurde. Bei Pressekonferenzen mussten immer wieder das mangelnde Spielglück, das fehlende Momentum und ähnliche Phrasen als Ursachen herhalten. Wo sind die sachlich-nüchternen Analysen von Marcel Koller und Willi Ruttensteiner geblieben, für die sie so geschätzt wurden? Auf mangelndes Spielglück und ein fehlendes Momentum darf man sich nicht herausreden – vor allem nicht über so eine lange Zeitspanne.

Zudem wirkt das Trainerteam in letzter Zeit durchaus dünnhäutig, wenn man als Außenstehender auf mögliche Kritikpunkte hinweist. Leipzig-Trainer Ralph Hasenhüttl bemängelte unlängst das Fehlen eines Plan B am Beispiel des nicht fitten Marc Janko bei der Europameisterschaft. Laut dem ehemaligen Ingolstadt-Trainer gäbe es genügend österreichische Alternativen, um Janko ersetzen zu können, man müsse vielleicht nur etwas an der Grundstruktur ändern – Namen nannte er jedoch nicht. Kollers Antwort folgte prompt und wirkte durchaus unreflektiert – so nannte er als gute Stürmer, die ihm ad hoc einfallen würden Kayode, Soriano und Joelinton, die jedoch keine Österreicher wären. Dass allerdings mit [spielerprofil spieler=“Lukas Hinterseer“] und [spielerprofil spieler=“Michael Gregoritsch“] zwei weitere Stürmer im Kader standen und auch [spielerprofil spieler=“Martin Harnik“] die Solospitze mimen kann, dass blieb dabei nicht erwähnt. Ganz zu schweigen von [spielerprofil spieler=“Guido Burgstaller“], der aktuell die Torschützenliste in der 2. Deutschen Bundesliga überlegen anführt.

 

2 thoughts on “Können sich Marcel Koller und der ÖFB neu erfinden?

  • Danke für kompakte Aufarbeitung, eine äußerst willkommene Abwechslung zum Event-Journalismus.

    Hier noch 2 Punkte die ich noch ergänzen würde:
    – Wir haben mit Alessandro Schöpf einen für Österreich ungewohnt guten Techniker mit hoher Spielintelligenz, der Junuzovic perfekt ersetzen kann. Stattdessen wird der durchaus engagierte, technisch allerdings weit weniger beschlagene M. Sabitzer als 10 aufgeboten.
    – In der Kausa „Alaba“ gibt es noch eine weitere Komponente: Spielt er wirklich linker Aussenverteidiger, haben wir zwar mit der Achse „Alaba-Arnautovic“ eine internationale Top-Besetzung (die im Dreieck mit Juno oder Schlöpf sicherlich herrlich funktioniert). Stellt man diese allerdings ihrem rechtem Pendant „Klein-Sabitzer“ gegenüber, wird einer klarer Qualitätsunterschied ersichtlich. Dies würde sich nicht gerade positiv auf die Gewichtung unseres Spiels auswirken, war so in Ansätzen schon gegen Serbien zu erkennen.

    Bin schon gespannt in wie weit während der Winterpause die letzten Spiele bzw. Trends reflektiert werden. Denke ist langsam Zeit für mehr Flexiblität im Kader. Freu mich trotzdem noch auf jedes Länderspiel :-)

    LG Nops

    P.S. „Aufgebn‘ damma an Briaf“

  • Als (historisch leidensfähiger) Fan des Nationalteams stimmt mich die derzeitige Entwicklung (=der Stillstand) doch nachdenklich. Die Fakten wurden gut dargestellt, es scheint als würde Koller genau das Gegenteil von dem machen was die Öffentlichkeit fordert.

    Es gibt (wie erwähnt) die Optionen:
    – Burgstaller als Spitze. Okotie wurde auch aus der 2. dt. Liga (bei weit weniger Treffern) einberufen, die Liga kann keine Ausrede sein.
    – Harnik als Spitze. Hat sich schon öfter bewährt.
    – Gregoritsch: Warum nicht, weniger als Janko würde von ihm auch nicht kommen.

    Mein Lieblingsthema – Alaba: wie schon oft erwähnt einer der besten LV der Welt und im Mittelfeld ein guter, aber keineswegs überragender Spieler. Dazu kommt seine persönliche Entwicklung in den letzten Monaten/Jahren, die mir als Außenstehenden nicht mehr so gefällt wie früher. Der Fokus auf den Fußball ist nicht mehr so da wie noch vor 4-5 Jahren. Es gibt zu viele Nebenschauplätze für ihn und dann noch die komplett falsche Selbsteinschätzung, dass er ein zentraler Mittelfeldspieler sei. Ich glaub den kolportieren Sager von im („wenn er mich links aufstellt, fahr ich zurück nach München“) und glaube, dass sich Koller mit dem Thema Alaba immer mehr in eine Sackgasse manövriert. Das Nationalteam darf nicht die Spielwiese des David A. sein, wo er ein wenig im MF kicken kann, mal mit einem Gustostückerl 3 Iren ausspielt (=brotlose Kunst). Das soll er auf der Playstation machen. Ich denke weiter, dass das die Mannschaft (oder den „soliden Teil“ der Mannschaft) doch auf den Keks geht und die Chemie leidet (seit der EM in Frankreich). Alaba-Arnautovic wäre so ziemlich die beste linke Seite, die man sich vorstellen kann und braucht international keine Vergleiche scheuen. Im Zentrum gibts genügend Alternativen für ihn (Ilsanker, Grillitsch, Junuzovic, …).

    Kurz gesagt: ich hoffe, dass jetzt entweder ein „Schnitt“ kommt, die Quali nicht mehr im Fokus steht sondern die Weiterentwicklung für die nächste Quali und gewisse Spieler in die 2. Reihe gestellt werden (Janko, Klein) und dort Alternativen gesucht und aufgebaut werden.

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